Beim Contact Tracing geht es eigentlich um eine ganz naheliegende Frage, betont Daniel Koch, der Leiter der Abteilung «Übertragbare Krankheiten» beim Bundesamt für Gesundheit. Man wolle herausfinden, ob eine infizierte Person schon andere angesteckt hat.
«Deshalb sucht man die engen Kontakte dieser Person auf. Sie werden dann unter Quarantäne gestellt, damit sie niemanden anstecken – so kann man Übertragungsketten im Keim ersticken», erklärt Koch. Aktuell wurden jetzt zum Beispiel Angehörige des erkrankten Mannes im Tessin unter Quarantäne gesetzt.
Diese Leute ausfindig machen und mit ihnen das Gespräch suchen – dafür sind in der Schweiz die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der kantonsärztlichen Dienste zuständig. Jemandem mitzuteilen, dass er unter Quarantäne gesetzt wird und bis zu zwei Wochen zu Hause bleiben muss, ist manchmal eine schwierige Aufgabe.
Verunsicherung bei Betroffenen
Man müsse die Betroffenen gut informieren und ihnen auch bewusst machen, warum diese für sie unangenehme Massnahme sinnvoll sei: «Häufig sind es Leute, die Angst haben, dass sie sich angesteckt haben. Es ist wichtig für sie zu wissen: Wenn ich zu Hause bleibe, geschieht mir nichts. Und wenn ich ein Problem habe, kann ich die zuständige Stelle anrufen und so weiter.» Das habe bislang gut funktioniert in der Schweiz, sagt Koch.
Eine Herausforderung wird es aber, wenn es in der Schweiz noch mehr bestätigte Corona-Fälle geben sollte. Denn dann wird auch das Contact Tracing immer anspruchsvoller und aufwändiger, sagt Hugo Sax, Medizin-Professor und Leiter der Spitalhygiene am Universitätsspital Zürich: «Mit dem Personal, das normalerweise beim Kantonsarzt arbeitet, ist das nicht möglich.» Wenn es mehr als einige Fälle im Kanton gäbe, müssten mehr Leute beigezogen werden. «Das wird derzeit vorbereitet.»
Der Faktor Zeit
Gerade in einem bevölkerungsreichen Kanton wie Zürich sind solche Vorbereitungen besonders wichtig. Auch Sax betont, wie entscheidend es sei, die Kontakte von infizierten Personen jeweils möglichst schnell ausfindig zu machen. So könne es gelingen, eine Epidemie einzudämmen oder zu verzögern.
Das habe sich auch in der aktuellen Krise schon gezeigt. Konkret bei einem Corona-Fall in den französischen Alpen. Dort habe man nach allen Kontakten gesucht und Infizierte gefunden, die weiter nach Mallorca und nach Südengland gereist seien – hier habe es auch weitere Ansteckungen gegeben: «Man hat aber alle Kontakte und Angesteckten gefunden. Damit war diese Ansteckungskette vorüber.»
Bei grippeähnlicher Verbreitung nicht sinnvoll
Gleichzeitig macht Sax auch deutlich: Wenn die Zahl neuer Krankheitsfälle immer stärker ansteigen sollte, wenn sich das Coronavirus sogar so verbreiten sollte wie die saisonale Grippe – dann wäre das Contact Tracing nicht mehr sinnvoll, weil es schlicht nicht mehr möglich wäre, alle Kontaktpersonen ausfindig zu machen.
Das ist aber im Moment nicht der Fall. Und die Gesundheitsverantwortlichen versuchen mit ihrer Strategie zu verhindern, dass es überhaupt so weit kommt.