«Die haben schöne Probleme in Zug.» Das dachte sich Gesundheitsökonom Heinz Locher, als er las, dass die Zuger Kantonsregierung endlich einen Weg gefunden hat, einen Teil der riesigen Überschüsse loszuwerden.
Die Regierung will 220 Millionen Franken in die Hand nehmen, um die Zuger Bevölkerung in den Jahren 2026/2027 bei der Krankenkasse zu entlasten. Die mittlere Prämie soll so um rund 700 Franken pro Person und Jahr tiefer ausfallen.
Finanzpolitisch «eine sehr elegante Lösung», sagt Locher. «Bürokratisch einfach und effizient.» Das «Aber» folgt sogleich: «Aus gesundheitspolitischer Sicht ist das keine glückliche Idee.»
Der Ökonom befürchtet, dass die Zuger Pläne Fehlanreize schaffen, die das Gesundheitswesen weiter verteuern. Weg von den günstigeren ambulanten, hin zu noch mehr teureren Spitalaufenthalten. Denn: «Dank dem Kanton Zug als Sponsor werden stationäre Behandlungen günstiger.»
Nach der Senkung könnte es ein böses Erwachen geben.
Ausserdem sei die «Giesskannen-Lösung» sozialpolitisch fraglich. Nach der Senkung dürften die Prämien wieder in die Höhe schnellen. «Es könnte bei gewissen Menschen ein böses Erwachen geben, wenn sie das dafür nötige Geld nicht mehr budgetiert haben.»
Zug will Mittelstand entlasten
In Zug lässt Gesundheitsdirektor Pfister diese Kritik nicht gelten. Die Krankenkassenprämien seien eine grosse Sorge vieler Menschen. «Insbesondere für den Mittelstand, der nicht von Vergünstigungen profitiert», sagt Pfister. «Es ist wichtig, dass wir hier etwas unternehmen. Zug ist ein erfolgreicher Wirtschaftsstandort. Davon soll die Bevölkerung etwas spüren.»
Er geht nicht davon aus, dass die fast vollständige Übernahme der Spitalkosten für Fehlanreize sorgt. Unter anderem, weil es in Zug seit 2018 eine Liste von Eingriffen gibt, die ambulant statt stationär ausgeführt werden.
Pfister wehrt sich gegen den Vorwurf des Giesskannen-Prinzips. Jene Menschen, die knapp bei Kasse seien, unterstütze der Kanton mit Prämienverbilligungen. Auf der anderen Seite sei es nicht begründbar, Reiche von tieferen Prämien auszuschliessen, da diese für die hohen Steuererträge des Kantons mitverantwortlich seien.
Und was sagt er zur Aussage Lochers, 2028 folge der Prämienschock? «Das könnte theoretisch sein», so der Gesundheitsdirektor. Der Ball liege dann bei der Zuger Politik. Sie müsse entscheiden, ob die Entlastung weitergeführt werde.
Beschluss soll bis Frühling vorliegen
Damit die tieferen Prämien ab 2026 gelten, muss das Vorhaben im Frühjahr 2025 unter Dach und Fach sein. Darum wandert die Vorlage der Regierung – ohne Vernehmlassung – direkt ins Kantonsparlament. Mitglieder von links bis rechts zeigen sich in einer ersten Reaktion begeistert.
«Jeder Franken, der in Form von Steuern zu viel eingezogen wurde, soll wieder an die Bevölkerung zurück», sagt Thomas Werner von der SVP. Gleich sieht es Michael Arnold von der FDP: «Das Sorgenbarometer hat oftmals gezeigt, dass die Krankenkassenprämien dem Mittelstand auf dem Magen liegen.» Gerade Familien komme diese Massnahme zugute, ergänzt Manuela Käch von der Mitte: «Das ist ganz in unserem Sinne.»
Lob gibt es auch von Linksgrün. «Der Regierungsrat erkennt, dass man das viele Geld so der Bevölkerung zurückgeben muss, dass alle etwas davon haben», sagt Luzian Franzini von den Alternativen – Die Grünen. Und Drin Alaj von der SP hält fest: «Es zeigt, dass soziale Massnahmen durchaus pragmatisch und bürokratiearm sein könnten.»