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Kanton Zug und die Prämien Experte zur Zuger Prämiensenkung: «Könnte böses Erwachen geben»

Zuger Überschüsse sollen zu tieferen Krankenkassenprämien führen. Was ein Ökonom und die Zuger Politik davon halten.

«Die haben schöne Probleme in Zug.» Das dachte sich Gesundheitsökonom Heinz Locher, als er las, dass die Zuger Kantonsregierung endlich einen Weg gefunden hat, einen Teil der riesigen Überschüsse loszuwerden.

Die Regierung will 220 Millionen Franken in die Hand nehmen, um die Zuger Bevölkerung in den Jahren 2026/2027 bei der Krankenkasse zu entlasten. Die mittlere Prämie soll so um rund 700 Franken pro Person und Jahr tiefer ausfallen.

So will Zug die Krankenkassenkosten senken

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Das Gesetz der Krankenversicherung schreibt vor, dass die Kantone bei einer Spitalbehandlung mindestens 55 Prozent der Fallkosten übernehmen müssen. So ist das bisher auch in Zug.

Bei einem stationären Aufenthalt einer Zuger Patientin oder eines Zuger Patienten stellt das Spital eine Rechnung an den Kanton über 55 Prozent der Fallkosten und eine Rechnung an den Krankenversicherer über 45 Prozent.

Zug übernimmt 99 Prozent der Spitalkosten

In den Jahren 2026 und 2027 will sich der Kanton Zug nun zu 99 Prozent an stationären Spitalbehandlungen beteiligen. Ein Prozent verbleibt aus verfahrenstechnischen Gründen bei den Krankenkassen. Wenn Zug praktisch die gesamten stationären Kosten übernimmt, müssen dies die Krankenkassen bei der Prämienberechnung berücksichtigen.

Ein Kantonsbeitrag in dieser Höhe ist eine schweizweite Premiere: Basel-Stadt hat den Kantonsbeitrag zwar ebenfalls erhöht – allerdings lediglich von 55 auf 56 Prozent.

Finanzpolitisch «eine sehr elegante Lösung», sagt Locher. «Bürokratisch einfach und effizient.» Das «Aber» folgt sogleich: «Aus gesundheitspolitischer Sicht ist das keine glückliche Idee.»

Älterer Mann in einem Anzug steht mit verschränkten Armen vor einer grünen Landschaft.
Legende: «Dank dem Kanton Zug als Sponsor werden stationäre Behandlungen günstiger», sagt der Berner Gesundheitsökonom Heinz Locher. Das sorge für Fehlanreize. Keystone/Peter Schneider

Der Ökonom befürchtet, dass die Zuger Pläne Fehlanreize schaffen, die das Gesundheitswesen weiter verteuern. Weg von den günstigeren ambulanten, hin zu noch mehr teureren Spitalaufenthalten. Denn: «Dank dem Kanton Zug als Sponsor werden stationäre Behandlungen günstiger.»

Nach der Senkung könnte es ein böses Erwachen geben.
Autor: Heinz Locher Gesundheitsökonom

Ausserdem sei die «Giesskannen-Lösung» sozialpolitisch fraglich. Nach der Senkung dürften die Prämien wieder in die Höhe schnellen. «Es könnte bei gewissen Menschen ein böses Erwachen geben, wenn sie das dafür nötige Geld nicht mehr budgetiert haben.»

Zug will Mittelstand entlasten

In Zug lässt Gesundheitsdirektor Pfister diese Kritik nicht gelten. Die Krankenkassenprämien seien eine grosse Sorge vieler Menschen. «Insbesondere für den Mittelstand, der nicht von Vergünstigungen profitiert», sagt Pfister. «Es ist wichtig, dass wir hier etwas unternehmen. Zug ist ein erfolgreicher Wirtschaftsstandort. Davon soll die Bevölkerung etwas spüren.»

Er geht nicht davon aus, dass die fast vollständige Übernahme der Spitalkosten für Fehlanreize sorgt. Unter anderem, weil es in Zug seit 2018 eine Liste von Eingriffen gibt, die ambulant statt stationär ausgeführt werden.

Lächelnder Mann bei einer Besprechung mit unscharfen Personen im Vordergrund.
Legende: «Zug ist ein erfolgreicher Wirtschaftsstandort. Davon soll die Bevölkerung etwas spüren», sagt der Zuger Gesundheitsdirektor Martin Pfister. Keystone/Urs Flüeler

Pfister wehrt sich gegen den Vorwurf des Giesskannen-Prinzips. Jene Menschen, die knapp bei Kasse seien, unterstütze der Kanton mit Prämienverbilligungen. Auf der anderen Seite sei es nicht begründbar, Reiche von tieferen Prämien auszuschliessen, da diese für die hohen Steuererträge des Kantons mitverantwortlich seien.

Und was sagt er zur Aussage Lochers, 2028 folge der Prämienschock? «Das könnte theoretisch sein», so der Gesundheitsdirektor. Der Ball liege dann bei der Zuger Politik. Sie müsse entscheiden, ob die Entlastung weitergeführt werde.

Beschluss soll bis Frühling vorliegen

Damit die tieferen Prämien ab 2026 gelten, muss das Vorhaben im Frühjahr 2025 unter Dach und Fach sein. Darum wandert die Vorlage der Regierung – ohne Vernehmlassung – direkt ins Kantonsparlament. Mitglieder von links bis rechts zeigen sich in einer ersten Reaktion begeistert.

«Jeder Franken, der in Form von Steuern zu viel eingezogen wurde, soll wieder an die Bevölkerung zurück», sagt Thomas Werner von der SVP. Gleich sieht es Michael Arnold von der FDP: «Das Sorgenbarometer hat oftmals gezeigt, dass die Krankenkassenprämien dem Mittelstand auf dem Magen liegen.» Gerade Familien komme diese Massnahme zugute, ergänzt Manuela Käch von der Mitte: «Das ist ganz in unserem Sinne.»

Chirurgen bei der Operation mit chirurgischen Instrumenten auf dem Tisch.
Legende: Der Kanton Zug gehört bereits jetzt zu den fünf Kantonen mit den tiefsten Spitalkosten und den tiefsten Prämien. Getty Images/iStock/Twilight Show

Lob gibt es auch von Linksgrün. «Der Regierungsrat erkennt, dass man das viele Geld so der Bevölkerung zurückgeben muss, dass alle etwas davon haben», sagt Luzian Franzini von den Alternativen – Die Grünen. Und Drin Alaj von der SP hält fest: «Es zeigt, dass soziale Massnahmen durchaus pragmatisch und bürokratiearm sein könnten.»

Regionaljournal Zentralschweiz, 11.7.2024, 12:03 Uhr ; 

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