Gut Hundert Personen haben sich am Mittwochnachmittag vor der russischen Botschaft zu einer Protestkundgebung gegen das russische Vorgehen in der Ukraine eingefunden. Für sie ist klar, dass man sich jetzt für Frieden einsetzen muss.
Zehntausende demonstrierten für Frieden
Es gab schon ganz andere Zahlen, wenn es um die Teilnahme an Friedensdemonstrationen ging. In den 1980er-Jahren gingen gegen das atomare Wettrüsten, 1991 gegen den Golfkrieg oder 2003 gegen den Irakkrieg jeweils mehr als 10'000 Menschen auf die Strasse.
Damit das geschehe, müssten mehrere Faktoren erfüllt werden, sagt Jo Lang. «Wichtig ist die Betroffenheit», betont der Alt-Nationalrat der Grünen und Mitgründer der Gruppe Schweiz ohne Armee (GsoA). So hätten die Angst vor einem Atomkrieg oder jene vor einer Ausbreitung des Terrorismus nach Europa die Menschen damals zum Demonstrieren motiviert.
Putin blieb bisher sehr vage
Zudem helfe bei der Mobilisierung, wenn ein klarer Entscheid vorliege. Einen solchen habe Putin bislang aber nicht bekannt gegeben. Der russische Präsident bleibe sehr unklar in seinen Aussagen. «Man weiss gar nicht, was Putin genau will», so Lang. Das mache die Mobilisierung schwieriger.
In den 1980er-Jahren habe eine sehr heterogene und breite Bewegung für Frieden demonstriert, betont auch Andrea Schweizer. Die Historikerin schreibt derzeit ihre Dissertation zur Schweizer Friedensbewegung in den 1980er-Jahren.
Man weiss gar nicht, was Putin genau will.
Die Friedensbewegung habe immer wieder Höhen und Tiefen erlebt, auch früher schon. So seien Ende der 1950er-Jahre viele gegen die bundesrätlichen Pläne, Atomwaffen zu beschaffen, auf die Strasse gegangen.
Die 1970er-Jahre dagegen seien eher ruhig verlaufen, bis in den 1980er-Jahren der Nato-Doppelbeschluss zur Stationierung von Atomwaffen in Europa wieder viele Friedensdemonstrierende mobilisiert habe.
Eher Proteste gegen die USA?
Die Friedensbewegung besteht vor allem aus linken Gruppierungen. Doch der Grüne Lang will nur wenig davon wissen, dass diese eher gegen die USA demonstrieren und sich mit ehemals kommunistischen Regimes eher solidarisieren. «Die grosse Mehrheit denkt universalistisch – und damit neutral.»
Viele Menschen, die heute auf die Strasse gehen würden, hätten sich schon vor 40 Jahren an Friedensdemos beteiligt, sagt die Historikerin Schweizer. «Es sind plus minus immer noch die gleichen Personen wie damals» – auch wenn es inzwischen sicher auch einige junge Leute dabei habe, die sich für den Frieden engagierten.
Hoffen auf die junge Generation
Dazu sagt Jo Lang, dass die jüngere Generation, die in den letzten Jahren für das Klima auf die Strasse gegangen sei, nie aktiv eine kriegerische Eskalation, wie im Moment in der Ukraine, erlebt habe.
Er ist aber überzeugt, dass sich diese auch für den Ukraine-Konflikt interessieren würden – denn schliesslich sei auch das eine Frage des Klimas: wenn es um Gas oder Nordstream II gehe.