Weil es sich für Verlage finanziell nicht mehr lohnt, ist in vielen Schweizer Gemeinden die Dorfzeitung verschwunden. Mehrere Gemeinden in der Ostschweiz haben unterdessen wieder eine: den «Spatz». Wer sich online anmeldet, erhält einmal pro Woche per Mail oder Whatsapp Nachrichten und Veranstaltungshinweise aus der Region, grösstenteils generiert durch künstliche Intelligenz.
Die KI durchsucht lokale Internetseiten nach neuen Nachrichten und verfasst daraus Artikel.
Die 31-jährige Informatikerin Deborah Gmür hat die künstliche Intelligenz für die digitale Dorfzeitung programmiert. Sie ist Teil eines vierköpfigen Teams des Vereins, welcher den «Spatz» herausgibt. «Die KI durchsucht lokale Internetseiten, zum Beispiel von Gemeinden oder Vereinen, nach neuen Nachrichten und verfasst daraus Artikel und Veranstaltungshinweise.»
Ohne Kontrolle wird nichts publiziert
Künstlich generierte Medieninhalte stossen nach wie vor oft auf Skepsis. Deshalb beschäftigen die Herausgeber in jeder Region eine Editorin oder einen Editor. In einer Gemeinde ist das zum Beispiel die örtliche Bibliothekarin. Diese Personen kontrollieren die von der KI generierten Artikel. Rund die Hälfte der Artikel wird jeweils aussortiert, weil sie zu wenig relevant oder falsch sind.
Ergänzt wird die digitale Zeitung mit Leserbriefen oder Reportagen von lokalen Journalistinnen und Journalisten. «Es sind also nicht nur KI-basierte Inhalte», sagt Deborah Gmür.
Die Editorinnen und Editoren hätten klare Anweisungen: «Es gibt Richtlinien, wie sie die Artikel auszuwählen und Quellen zu überprüfen haben.» Ausserdem würden die Inhalte vom Herausgeber nochmals überprüft, bevor sie publiziert würden. «Es gilt das Vier-Augen-Prinzip.»
Man kennt sich im Dorf
Die Gefahr, dass die digitale Dorfzeitung unausgewogen ist, schätzt Deborah Gmür als gering ein. Auch, weil die Ausgaben jeweils nur für eine kleine Region bestimmt sind. «Im Dorf kennt man die Editorinnen und Editoren. Weil es keine Anonymität gibt, verhält man sich automatisch anständiger.»
Auch habe man die lokalen politischen Parteien über die digitale Dorfzeitung informiert, um eine Unausgewogenheit zu verhindern, so Gmür weiter.
Ohne KI gäbe es keine Dorfzeitung
Den «Spatz» gibt es mittlerweile in drei Regionen: in der Ostschweiz im Alttoggenburg und im unteren Rheintal sowie am Genfersee in der Stadt Versoix. Als Nächstes soll eine Ausgabe für das Neckertal im Toggenburg erscheinen.
KI ermöglicht eine bezahlbare Mitteilungsplattform an Orten, wo die Dorfzeitung verschwunden ist.
Das sind Gebiete, in denen es kein traditionelles Lokalblatt mehr gibt. Künstliche Intelligenz sei der Gamechanger, sagt die Informatikerin. «KI erlaubt Abkürzungen, eine Zeitersparnis und ermöglicht eine bezahlbare Mitteilungsplattform an Orten, wo die Dorfzeitung verschwunden ist.»
Ziel sei es, Neuigkeiten von zu Hause zu verbreiten, schreibt der Verein, welcher den «Spatz» herausgibt, auf seiner Internetseite.
Finanziert wird die digitale Zeitung durch Werbung des lokalen Gewerbes. «Wir spüren nicht nur das Interesse von Leserinnen und Lesern, sondern auch des Gewerbes.» Denn, weil die Zeitung gelesen werde, sei sie eine gute Werbeplattform.