Die Primarschule im bernischen Kirchberg ist eine Schule wie viele andere auch: 15 Klassen, rund 300 Schülerinnen und Schüler, ein Pausenplatz mit Klettergerüst und Sitzsteinen.
Und doch ist sie besonders. Weil sie mit Marco Sieber einen Astronauten hervorgebracht hat – den zweiten, den die Schweiz je hatte. Seit letztem Frühling gehört der Berner offiziell zum Astronautencorps der Europäischen Raumfahrtagentur (ESA).
Kein Musterschüler
Nun kehrt der 35-Jährige für einen Tag zurück an den Ort, der seine Kindheit prägte: in seine ehemalige Primarschule.
Über 20 Jahre ist es her, seit er dort die Schulbank drückte, von der zweiten bis zur achten Klasse. Sein erster Eindruck: «Es sieht noch alles gleich aus». Sieber betont, er sei stets gerne zur Schule gegangen und habe es – «ohne jetzt schleimen zu wollen» – gut gehabt mit den Lehrerinnen und Lehrern. «Ich war kein Musterschüler, aber fiel auch nicht ab.»
Marco war ruhig und zurückhaltend, aber sehr interessiert, vor allem an Natur und Technik.
Seine ehemalige Lehrerin Brigitte Eggimann teilt diesen Eindruck: «Marco war ruhig und zurückhaltend, aber sehr interessiert, vor allem an Natur und Technik».
Sein Lieblingsbuch: «Latte Igel»
Diese Interessen bestimmten dann auch seine Berufswahl. Sieber wird Fallschirmaufklärer bei der Schweizer Armee. Danach absolviert er ein Medizinstudium an der Universität Bern. Er arbeitet als Notarzt bei der Helikopterrettung, fliegt als medizinischer Offizier der Schweizer Truppen in den Kosovo, arbeitet als Arzt in der Allgemeinchirurgie, der Traumatologie, der Anästhesie und der Urologie.
Dann bewirbt sich Marco Sieber für die Astronautenausbildung und wird prompt ausgewählt – aus 22'500 Bewerbern.
Als seine ehemalige Lehrerin Brigitte Eggimann aus dem Fernsehen erfährt, dass er Astronaut wird, holte sie das Klassenbuch aus dem Keller hervor. «Darin hatte Marco ‹Latte Igel› als Lieblingsbuch angegeben», erzählt Eggimann. «Latte Igel» sei ein Abenteurer – «das passt zu Marco».
Zu faul für die Astronautenausbildung
Es war denn auch die Idee von Brigitte Eggimann, Marco Sieber in seine alte Primarschule einzuladen. «Als er zusagte, konnte ich es zuerst gar nicht glauben», sagt sie. «Aber dann habe ich mich riesig gefreut.»
Gefreut haben sich auch die Schulkinder, etwa die Klasse 6a. Im Gespräch mit den Schülerinnen und Schülern zeigt sich Überraschendes: Die meisten möchten gerne einmal ins Weltall fliegen. Aber dafür extra eine Astronautenausbildung machen – lieber nicht. «Dafür bin ich zu faul», sagt ein Junge.
Als Vorbereitung auf den berühmten Besuch haben die Schülerinnen und Schüler Fragen vorbereitet. So wollen sie etwa wissen, warum Marco Sieber überhaupt Astronaut werden wollte, was er verdient und wie es sich anfühlt, nach der Schwerelosigkeit im All wieder auf der Erde Fuss zu fassen.
Flug ins Weltall steht noch aus
Auf all diese Fragen kriegen die Kinder an diesem Morgen Antworten. In der Aula erzählt Marco Sieber von seinen Erfahrungen. Nur: Wie es sich anfühlt, vom All auf die Erde zurückzukehren, das weiss Marco Sieber nicht – noch nicht. Der Flug ins Weltall steht noch aus. Doch Sieber sagt: «Es ist realistisch, dass dies in den nächsten vier bis fünf Jahren klappt.»