Viel Sichtbeton, ein Flachdach und viel Grün rundherum. Der Mutterbau des Klosters Baldegg sieht gar nicht so aus, wie man sich ein Kloster vorstellt. Und es ist auch eine ungewöhnliche Geschichte, die sich vor 50 Jahren in Baldegg bei Hochdorf ereignet hat. Und die nun gefaiert wird.
Bekannt für Designermöbel
Im Kloster Baldegg leben seit 200 Jahren Ordensschwester des Franziskanerordens. Die über 250 Schwestern des Frauenklosters brauchten Platz und ein neues Hauptgebäude. Schwester Martine war damals 30 Jahre alt und in der Generalleitung des Klosters. Sie erinnert sich: «Wir waren ein offenes Kloster und wollten ein Gebäude, das modern und nicht verstaubt wirkt.»
Die Ordensschwester lancierten einen Architektur-Wettbewerb. Schwester Martine: «Das Siegerprojekt stiess bei den Schwestern gar nicht auf Begeisterung. Es sah aus wie ein Kongresshaus. Der Architekt begann dann nachzubessern und es wurde immer schlimmer.»
So entschlossen sich die Schwestern, eine andere Lösung zu suchen. Und landeten in New York: Dank des Tipps des damaligen Luzerner Kantonsbaumeisters wagten es die Schwestern, beim bekannten Architekten Marcel Breuer anzufragen. Der in Ungarn geborene Breuer war berühmt für seine Designermöbel und die moderne, schnörkellose Architektur. Breuer lehrte an der Harvard Universität und hatte bereits riesige Projekte wie das Hauptquartier der Unesco in Paris oder das «Whitney Museum of Modern Art» in New York entworfen.
In der Designszene ist er zudem bekannt für seine freischwingenden Stühle, die heute noch sehr beliebt sind.
Und jetzt also ein Kloster im beschaulichen Luzerner Seetal: Gross war die Freude bei den Schwestern über die Zusage des Stararchitekten. Offenbar reizte es den jüdischen Architekten, ein modernes katholisches Kloster zu entwerfen und so sagte er zu. Schwester Martine: «Er hatte klare Vorstellungen: Das Kloster sollte schön und praktisch sein, bescheiden, ohne Luxus und ökologisch.» Breuer sei sehr detailverliebt gewesen und kam immer wieder persönlich vorbei. «Er war ein abgeklärter und weiser Mann. Man fühlte sich wohl in seiner Gegenwart.»
Wir liessen die Arbeiten von lokalen Firmen ausführen und konnten so die Gemüter im Dorf wieder beruhigen.
Natürlich sei im Dorf über das Kloster gesprochen worden. «Warum brauchen die Schwestern einen Architekten aus Amerika? hiess es. Aber wir waren von der Wahl so überzeugt und begeistert, dass wir das durchzogen haben», so Schwester Martine. «Wir liessen die Arbeiten von lokalen Firmen ausführen und konnten so die Gemüter im Dorf wieder beruhigen.»
Und so durften die Franziskaner-Schwestern vor 50 Jahren ein durchdesigntes neues Mutterhaus eröffnen. Zum ersten Mal gab es Einzelzimmer für die Schwestern und auch sonst viele Verbesserungen für die Frauen.
Ein Buch zum Jubiläum
Heute leben noch etwa 180 Schwestern in Baldegg. Die Gemeinschaft wird - wie die meisten Klostergemeinschaften - kleiner. Die Ordensschwestern sind dran, eine Zukunftsstrategie für den Orden und das Kloster zu entwickeln. Dafür arbeiten sie mit der Hochschule Luzern zusammen.
Aber zuerst wird gefeiert: Im November findet ein Jubiläumsfest zum 50. Geburtstag des visionären Baus statt. Zeitgleich erscheint auch ein Buch dazu.