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Knackpunkt Lohnschutz mit EU «Gemeinsame Verständigung» beim Lohnschutz im Inland

  • Die Dachverbände der Sozialpartner und die Kantone haben sich auf verschiedene inländische Massnahmen zur Absicherung des Lohnschutzniveaus geeinigt.
  • Die Einigung gelang nach über 60 Gesprächsrunden unter Leitung von Bundesrat Guy Parmelin, wie das Wirtschaftsdepartement mitteilt.
  • Der Bundesrat nimmt von der «gemeinsamen Verständigung» Kenntnis und schlägt auf Grundlage der Gespräche weitere Massnahmen vor.

Die Gespräche zwischen dem Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco), Sozialpartnern und Kantonen zur inländischen Absicherung des Lohnschutzniveaus laufen seit Dezember 2022. Bereits während der exploratorischen Gespräche mit der EU waren sich dabei Bundesrat, Sozialpartner und Kantone einig, dass der Lohnschutz mit zusätzlichen innenpolitischen Massnahmen abgesichert werden muss, wie Wirtschaftsminister Guy Parmelin vor den Medien sagte.

Die nun in der «Gemeinsamen Verständigung» enthaltenden Massnahmen zur Absicherung des aktuellen Lohnschutzniveaus lassen sich in drei Kategorien einteilen.

  1. Die Zugeständnisse an die EU – wie die Verkürzung der Voranmeldefrist für entsandte Betriebe – sollen direkt kompensiert werden.
  2. Mit Massnahmen der Befürchtung entgegenwirken, dass die Dienstleistungssperre als Sanktionsmöglichkeit unter Druck geraten könnte.
  3. Konkrete Massnahmen bei der Spesenregelung für in die Schweiz entsandte Arbeitnehmer, bei der aussenpolitisch keine Ausnahme erzielt werden konnte. Hier soll nun der innenpolitische Spielraum maximal genutzt werden, um eine Lösung zu erzielen.

Auf die Frage, ob bei der umstrittenen Spesenregelung nun ein Weg gefunden wurde, antwortete Staatssekretärin und Seco-Direktorin Helene Budliger Artieda wie folgt: «Niemand ist enthusiastisch, dass es nicht gelungen ist, eine Ausnahme zu erwirken.» Es sei aber von Anfang an klar gewesen, dass das Thema auch in der EU eine heikle Sache sei und zur grossen Herausforderung werde.

Gemäss EU-Spesenregelung, welche die Schweiz mit dem neuen EU-Vertragspaket übernehmen muss, müssten in der Schweiz tätige Unternehmen aus dem EU-Raum ihren Arbeitnehmern keine Schweizer Ansätze für Hotel und Essen mehr bezahlen, sondern nur die im Herkunftsland üblichen Ansätze berappen.

Laut Budliger Artieda gibt es zugleich noch einen grossen Handlungsspielraum. Das werde eine in Bälde veröffentlichte neue Studie zeigen. Details könne sie noch nicht nennen, aber: «Alle vier Sozialpartner und die Kantone sehen den Weg nach vorne bestätigt.»

Arbeitgeber begrüssen Massnahmen

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Der Schweizerische Arbeitgeberverband begrüsst die vorgeschlagenen Massnahmen. Es hätten sozialpartnerschaftliche Lösung gefunden werden können, die den Lohnschutz sicherstellen, ohne den flexiblen Arbeitsmarkt einzuschränken. Vorbehalte machte der Verband, was die Regeln für Gesamtarbeitsverträge angeht.

Aus Sicht des Bundesrates sind darüber hinaus weitere Massnahmen zur Sicherung des Lohnschutzniveaus nötig. Mit diesen sollen die sozialpartnerschaftlichen Strukturen beim Lohnschutz und vor allem die bereits allgemein verbindlich erklärten Gesamtarbeitsverträge gewährleistet werden. Gleichzeitig soll der Rechtsschutz für inländische Betriebe gestärkt werden, die einem allgemein verbindlichen GAV unterstellt werden sollen.

Dem Bundesrat ist der Lohnschutz in der Schweiz sehr wichtig.
Autor: Guy Parmelin Wirtschaftsminister

Anvisiert werden in erster Linie Entsendebetriebe aus dem EU-Raum. Soweit sich die Massnahmen auch an Schweizer Unternehmen richten, bauen sie gemäss WBF auf dem Bestehenden auf und schaffen keine neuen Belastungen für Schweizer Firmen. «Der flexible Arbeitsmarkt wird nicht eingeschränkt», betonte Parmelin und unterstrich, dass der Lohnschutz in der Schweiz dem Bundesrat sehr wichtig sei.

Der Seco soll nun die detaillierte Ausgestaltung aller Massnahmen bis Ende März mit den Sozialpartnern und den Kantonen finalisieren.

Gewerkschaften: «Erster Schritt in die richtige Richtung»

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Der Schweizerische Gewerkschaftsbund unterstützt nach eigenen Angaben die Öffnung gegenüber der EU, wenn die Löhne und der Service Public gesichert sind. Der heutige Orientierungsbeschluss des Bundesrates zu den innenpolitischen Verhandlungen korrigiere einen Teil der Verschlechterungen beim Lohnschutz. Das sei grundsätzlich positiv, doch es gebe noch bedeutenden Handlungsbedarf. Bei der konkreten Ausarbeitung werde der SGB darauf bestehen, dass die Massnahmen wirksam und praxisnah gestaltet werden.

Für den Arbeitnehmer-Dachverband Travailsuisse resultiert aus den Verhandlungen mit der EU eine bedeutende Schwächung des schweizerischen Lohnschutzes. Es seien mit der Vereinbarung zum Lohnschutz zwar erste «konkrete Schritte in die richtige Richtung» gemacht worden. Ein Durchbruch sei das Resultat aber nicht. Die Verschlechterungen, die aus dem Verhandlungsergebnis im Lohnschutz resultieren, erfordern innenpolitische Kompensationen, wie Travailsuisse in einer Mitteilung schreibt. Anderweitig werde der Lohnschutz deutlich geschwächt.

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SRF 4 News aktuell, 19.02.2025, 14:00 Uhr ; 

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