Der Bundesrat möchte in den Jahren 2025 bis 2028 11.45 Milliarden Franken für die internationale Zusammenarbeit ausgeben. Damit will er hauptsächlich Projekte in den armen Ländern des globalen Südens unterstützen. Dieser Betrag ist ungefähr gleich hoch wie in den letzten vier Jahren.
Davon sollen 1.5 Milliarden Franken in die Ukraine fliessen. «Für humanitäre Projekte, für die Minenräumung, die Energieversorgung», sagt die Chefin der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (Deza), Patricia Danzi. «Wir sind seit 1999 in der Ukraine tätig und ein Partner, auf den sie sich stützen kann.»
Die notwendige Hilfe für die Ukraine geschieht auf dem Buckel der Ärmsten.
Die 1.5 Milliarden Franken werden allerdings für andere Projekte im globalen Süden, etwa im südlichen Afrika, fehlen. Das sei fatal, sagt Andreas Missbach, Geschäftsleiter der Entwicklungsorganisation Alliance Sud. «Die notwendige Hilfe für die Ukraine geschieht auf dem Buckel der Ärmsten.»
Die Schweiz habe angekündigt, die frei werdenden Mittel nach dem Ausstieg in Lateinamerika per Ende 2024 in Afrika und dem Mittleren Osten einzusetzen. «Doch dieses Geld fehlt jetzt», so Missbach.
Das ist der Vorschlag des Bundesrats:
«Wortbruch des Bundesrates»
Tatsächlich will der Bundesrat das frei werdende Geld aus den Projekten in Lateinamerika und die allgemeine Zunahme der internationalen Zusammenarbeit für die Ukraine reservieren. Missbach spricht deshalb auch von «Wortbruch des Bundesrates».
Deza-Chefin Danzi gibt gleichwohl zu bedenken, dass die Schweiz trotz allem kein Projekt in den Schwerpunktländern kündige. Die Schweiz könne allerdings keine zusätzlichen Länder oder Projekte unterstützen. «Wir können auch keine zusätzlichen Gelder an Organisationen sprechen, die die Unterstützung vor Ort vornehmen.»
Ärmere Länder auf mehr Hilfe angewiesen
Das aber wäre dringend notwendig, sagt zum Beispiel Botschafter Thomas Greminger. Der Schweizer Spitzendiplomat ist heute Chef des Genfer Zentrums für Sicherheitspolitik.
Der Krieg in der Ukraine mit der Lebensmittelunsicherheit und den höheren Energiepreisen betreffe die armen Länder des Südens speziell stark, weshalb die Schweiz mehr machen müsste. «Das wäre wichtig für eine umfassend verstandene Sicherheitspolitik», so Greminger.
Danzi wünscht sich das wohl auch, aber sie entscheidet nicht über den Einsatz der Gelder. Das machen der Bundesrat und dann das Parlament.
Andere Geldgeber-Länder noch rigoroser
Immerhin: Im Vergleich mit ähnlichen Ländern stehe die Schweiz noch relativ gut da, sagt Danzi: «Meine Kolleginnen und Kollegen mussten zum Teil dramatisch und sehr schnell kürzen – um 30 oder 40 Prozent.» Auch hätten sie aus mitunter langjährigen Partnerschaften aussteigen müssen. «Das haben wir nicht getan», so die Deza-Chefin.
Geht es nach dem Willen der Deza-Chefin, soll das auch in Zukunft nicht passieren. Das aber bedeutet, dass die Schweiz, wenn sie sich substanziell auch am Wiederaufbau der Ukraine beteiligen will, dieses Geld nicht bei der internationalen Zusammenarbeit holen darf, sondern woanders freimachen muss.
Der Vorschlag für die internationale Zusammenarbeit 2025 bis 2028 des Bundesrates geht nun in eine Konsultation. Wie stark sich die Schweiz wo und wie engagiert, wird politisch noch heiss diskutiert werden.