- Auch wer seine Arbeit wegen der Coronakrise massgeblich einschränken muss, soll Staatshilfe erhalten.
- Der Ständerat ist nach anfänglichen Widerständen im Grundsatz auf die Linie des Nationalrats eingeschwenkt.
- Damit ist ein wesentlicher Streitpunkt beim Covid-19-Gesetz zwischen den Räten beigelegt.
Im Nationalrat geschieht in diesen Tagen Ungewöhnliches: Die SVP und die SP verfolgen das gleiche Ziel. Konkret: Beide Parteien fordern, dass der Staat auch denen helfen soll, die ihre Arbeit in der Coronakrise massgeblich einschränken müssen.
Schliesslich scharten Links und Rechts auch Vertreter der bürgerlichen Mitte im Rat hinter sich. Das Problem: Bislang sträubte sich die Schwesterkammer gegen das Vorhaben.
Grundsatzeinigung im Parlament
Der Ständerat beharrte wie der Bundesrat darauf, dass jemand nur Erwerbsersatzentschädigung erhalten soll, wenn seine Tätigkeit wegen der Corona-Massnahmen unterbrochen ist.
Nun können coronageplagte Selbständige aufatmen: Die kleine Kammer ist auf einen Kompromissvorschlag aus dem Nationalrat eingeschwenkt. Dieser hatte am Dienstag einen klaren finanziellen Rahmen für die Staatshilfen festgelegt und befristete diese statt Ende nächsten Jahres auf den Sommer.
Kommissionspräsident Paul Rechsteiner (SP/SG) kündigte eingangs der Debatte an, dass man in den umstrittenen Punkten des Covid-Gesetzes dem Nationalrat folgen wolle – auch beim Erwerbsersatz: «Was bisher möglich war, soll auch weiterhin möglich sein», so Rechsteiner.
Die Befürchtungen im Rat, wonach die Staatshilfen ohne jede Grenze erweitert würden, seien beseitigt worden. Zumal erst ein Bruchteil des Corona-Erwerbsersatzes ausgeschöpft worden sei.
An diesem Gesetzesartikel wird sich messen lassen, ob die Hoffnungen der Betroffenen erfüllt werden oder nicht.
Das Parlament wird noch genauer klären müssen, was die «massgeblichen Einschränkungen» der Arbeit aufgrund der Corona-Beschränkungen bedeuten.
Das Zünglein an der Waage spielte die im Ständerat stark vertretene CVP. Gegenüber SRF News hatte sich Pirmin Bischof, der Wortführer der CVP-Gruppe im Ständerat, schon am Dienstag offen für eine Lösung gezeigt: «Ich war das letzte Mal gegen die Gesamtkonzeption skeptisch. Jetzt bin ich der Meinung, dass es eine faire Lösung ist, die finanziell umsetzbar und tragbar ist. Dafür werde ich mich einsetzen.»
Im Rat sagte Bischof nun: «An diesem Gesetzesartikel wird sich messen lassen, ob die Hoffnungen der Betroffenen erfüllt werden oder nicht.» Parteikollege Erich Ettlin (CVP/OW) machte sich dafür stark, den Kreis der Anspruchsberechtigten klar einzugrenzen.
Maya Graf (Grüne/BL) zeigte sich erleichtert: «Es geht hier um Menschen und ihre wirtschaftliche Existenzen. Ich bin extrem froh, dass wir nun die Kurve kriegen.»
Bundeskanzler Walter Thurnherr anerkannte im Namen des Bundesrats, dass der Nationalrat dem Ständerat entgegengekommen sei. Es sei aber angezeigt, das Kriterium der «massgeblichen Einschränkung» zu konkretisieren.
Mit eben dieser Frage wird sich nun der Nationalrat befassen müssen – bis Ende der Herbstsession soll das dringliche Covid-19-Gesetz dann unter Dach sein.