Die Krankenkassenprämien im Kanton Jura müssten eigentlich zu den tiefsten im ganzen Land gehören. Dem Kanton fehlen Hausärzte. Er hat nur wenige Apotheken und betreibt gerade mal zwei Spitäler. Eines in Pruntrut, eines in Delsberg. Delsberg hat eine Geburtsabteilung und eine Intensivpflege. Pruntrut kümmert sich um die Palliativpflege und hat eine geriatrische Abteilung.
Wir sehen im Jura, dass das Wachstum der Kosten beispielsweise in der Pflege, bei den Spitälern und bei den Medikamenten stark ansteigt.
Trotzdem gehört der Jura zu den Kantonen mit den höchsten Gesundheitskosten. Im letzten Halbjahr verzeichnete der Kanton gar das schweizweit grösste Kostenwachstum. Um über 10 Prozent stiegen die Kosten gemäss dem Krankenkassenverband Santé Suisse. Alleine die Pflegekosten lagen 40 Prozent über dem Schweizer Durchschnitt.
Für die Prämienzahler sind die Aussichten düster, weiss auch Santé Suisse-Sprecher Matthias Müller. «Wir sehen im Jura, dass das Wachstum der Kosten beispielsweise in der Pflege, bei den Spitälern und bei den Medikamenten stark ansteigt. Wir können noch nicht sagen, wie hoch es im Einzelnen wird. Aber wir befürchten, dass auch die Jurassierinnen und Jurassier von Prämienerhöhungen betroffen sind.»
Warum diese Kostenexplosion?
Im Jura kann man sich das neuerliche Kostenwachstum nicht recht erklären, auch Rémy Meury nicht, der im Kantonsrat die Gesundheitskommission präsidiert. Meury sagt, das sei extrem schockierend. Es gebe keine Erklärungen dafür. Klar sei, dass die Kosten zunähmen, je älter die Bevölkerung werde. Aber die Menschen im Kanton Jura seien nicht älter als die Menschen in anderen Kantonen. Die Kostenexplosion sei ihm ein Rätsel, darum habe er seine Fragen jetzt im Parlament deponiert und hoffe, dass die Regierung Transparenz schafft und die Kostenzunahme zumindest dokumentieren könne.
Gesundheitsdirektor Jacques Gerber wollte auf Fragen von Radio SRF nicht Stellung nehmen. Das übernahm an seiner Stelle Sophie Chevrey-Schaller, interimistische Leiterin im jurassischen Amt für Gesundheit. Chevrey-Schaller sagt: Trotz eines gut ausgebauten Spitalangebots müssten sich Jurassierinnen und Jurassier häufig ausserkantonal behandeln lassen, insbesondere in den Universitätsspitälern Bern und Basel.
Ausserkantonale Kosten
Gemäss ihren Angaben fallen 45 Prozent der Spitalkosten ausserhalb des Kantons an und Basel mit seinen Unikliniken habe einen der höchsten Tarife der Schweiz. Dazu kommt gemäss Chevrey-Schaller, dass in der Romandie und vornehmlich im Jura Betagte erst dann in Alters- und Pflegeheime gebracht würden, wenn sie extrem pflegebedürftig seien. Auch das koste.
In der Deutschschweiz würden die Menschen früher ins Altersheim ziehen und hätten weniger Pflege nötig, so die Amtsleiterin. Dass die Krankenkassenprämien in Jura stark steigen werden, erwartet auch Chevrey-Schaller. Sie bedauert das.
Das Wachstum ist innerhalb eines Jahres sehr hoch.
Matthias Müller, Sprecher von Santé Suisse, sagt: «Die Argumente der Verantwortlichen im Jura mögen einen Teil des hohen Kostenwachstums erklären.» Aber: «Das Wachstum ist innerhalb eines Jahres sehr hoch. Zehn Prozent Wachstum im Spitexbereich, bei der Pflege zu Hause und 20 Prozent im Heimbereich. Das ist ausserordentlich.» Er nimmt den Kanton in die Pflicht.
Trotz der Probleme und schlechten Aussichten sagt Kantonrat Meury, die Jurassierinnen und Jurassier seien nicht öfter krank als der Rest der Schweiz. Das macht ihn optimistisch, dass der Jura seine Gesundheitskosten wieder in den Griff bekommt.