Die hohen Gesundheits- und Krankenkassenkosten stehen bei der Bevölkerung im Sorgenbarometer noch immer weit oben. Entsprechend hat sich die SP nach dem deutlichen Nein zur Prämien-Entlastungs-Initiative nicht geschlagen gegeben – im Gegenteil.
Noch am Abstimmungssonntag haben die Sozialdemokraten ihr nächstes grosses Projekt angekündigt. Eine Initiative für eine öffentliche Krankenkasse für die ganze Schweiz sei in Planung.
Es gibt Beispiele wie die AHV oder die Unfallversicherung Suva, die anders organisiert und viel effizienter sind.
Die Erfahrung mit der Krankenkasse zeige, dass das System ineffizient sei, sagt Cédric Wermuth, Co-Präsident der SP. «Wir haben über 40 Krankenkassen, die exakt die gleichen Leistungen anbieten müssen. Das ist ein Wettbewerb, den niemand versteht und es gibt Beispiele wie die AHV oder die Unfallversicherung Suva, die anders organisiert und viel effizienter sind. Ich glaube, das ist relativ eindeutig das bessere Modell.»
Die Forderung nach einer sogenannten Einheitskasse hat eine lange Geschichte. Viermal hat die Schweiz entsprechende Vorlagen bereits abgelehnt. Die bürgerlichen Parteien stellten sich stets deutlich dagegen.
Diesmal will die SP das Thema jedoch anders aufgleisen. Sie spricht statt von einer Einheitskasse von einer öffentlichen Kasse. Diese öffentliche Krankenkasse hätte zwar eine gesamtschweizerische Struktur, sie würde aber regional oder kantonal verwaltet.
So gäbe es in den Kantonen nur noch eine Krankenkasse für die Grundversicherung. Die Prämien könnten aber weiterhin von Kanton zu Kanton unterschiedlich hoch sein.
Sympathien bis ins bürgerliche Lager
Die überarbeitete Version der SP geniesst auch bei Bürgerlichen gewisse Sympathien. Den Teppich dazu legte am Abstimmungssonntag Mitte-Präsident Gerhard Pfister. Er habe von Wählerinnen und Wählern Mails bekommen, die gesagt hätten: Wenn es jetzt nicht vorwärts gehe, sei man auch in der Deutschschweiz offen für eine Einheitskasse. «Ich würde die Initiative der SP nicht von vornherein als chancenlos anschauen», sagte Pfister im Abstimmungsstudio von SRF.
Die öffentlichen Kasse, vor allem wenn sie regional geregelt wird, ist effektiv eine Idee.
Des Parteipräsidenten Wort hallt auch bei Mittepolitikerinnen in der Wandelhalle nach. «Ich spüre, dass den Leuten die manchmal aggressive Werbung negativ auffällt, die Krankenkassen betreiben. Da fragen sich die Leute immer mehr, ob das nicht wahnsinnig viel kostet», sagt etwa Mitte-Nationalrätin Priska Wismer-Felder.
Mitte-Ständerätin Isabelle Chassot äussert sich ähnlich. Die alte Idee der Einheitskasse im Land bringe wohl wenig. «Doch die öffentlichen Kasse, vor allem wenn sie auch regional geregelt wird, ist effektiv eine Idee. Ich finde, das müssten wir jetzt prüfen.»
Auch Exponenten von FDP und SVP zeigen sich diskussionsbereit. «Wir müssen uns wirklich überlegen, ob eine einheitliche Krankenkasse gemeinsam weniger kosten wird», sagt FDP-Nationalrat Alex Farinelli.
Über die ganze Schweiz wolle er keine Einheitskasse, doch nach Prämienregionen oder Kantonen aufgeschlüsselt, sei es eine prüfenswerte Option, so SVP-Ständerat Hannes Germann. Und spricht wohl für viele, wenn er sagt: «So wie es bis jetzt läuft, kann es einfach nicht weitergehen.»