In der Schweiz haben bereits mehr als 44'000 der ukrainischen Geflüchteten den Schutzstatus S erhalten. Der Status erlaubt den Geflüchteten, in der Schweiz zu arbeiten. Doch das ist einfacher gesagt als getan: Nur etwa 280 Geflüchtete haben bis jetzt eine Arbeitsbewilligung erhalten. Das hat das Staatssekretariat für Migration gemeldet. Etliche sind auf Stellensuche, nur wenige erfolgreich – Hannah und Anastasia haben es geschafft, in der hiesigen Arbeitswelt Fuss zu fassen.
Hannah – die Ingenieurin zaubert jetzt Pralinen
In Basel-Stadt gibt es bis jetzt nur elf Arbeitsbewilligungen für ukrainische Geflüchtete. Hannah Ivanova hat eine davon. Sie hat eine Stelle in einer Confiserie gefunden: Die Confiserie Schiesser am Basler Marktplatz ist ein Traditionsunternehmen – seit mehr als 150 Jahren kann man hier hauseigene Pralinen geniessen. Jetzt unterstützt auch Hannah die Pralinen-Produktion. Sie mag den Schokoladen-Geruch, der hier in der Luft liegt.
Das Schokoladen-Business ist ihr nicht fremd. Im Osten der Ukraine hat Hannah einen eigenen Schokoladen-Shop geführt. Die ausgebildete Ingenieurin hat so ihr Hobby zum Beruf gemacht. Dann brach der Krieg aus, und sie floh mit ihrem 16-jährigen Sohn in die Schweiz.
Ihr Sohn spricht druckreifes Deutsch und unterrichtet nun in Basel ukrainische Flüchtlinge. Er hat grosse Ziele: Er will Medizin studieren. Aus diesem Grund ist es Hannah besonders wichtig, dass sie in der Schweiz arbeiten kann.
Hannah freut sich über ihren Job. Er hilft ihr, ein neues Leben zu starten. Ihr neuer Chef, der Besitzer der Confiserie, Stefan Schiesser, hat über eine Bekannte von Hannah gehört – und sie sofort eingestellt. Zusammen mit zwei weiteren Ukrainerinnen. Dass weder Hannah noch ihre beiden Kolleginnen Deutsch sprechen, sei für ihn kein Problem, schliesslich gebe es Google und reichlich Übersetzer, so Schiesser.
Es gibt Apps, wir kommunizieren über Google. Es gibt so viele Übersetzungsmöglichkeiten.
Ausserdem besucht Hannah jeden Morgen einen Deutschkurs. Das Handy als Übersetzer dürfte darum bald überflüssig sein.
Anastasia – vom Krieg auf die Showbühne
Auch Anastasia ist vom Krieg in der Ukraine geflüchtet. Mit etwas Glück konnte sie einen Job im Zirkus Knie ergattern. Als Artistin ist sie nun auf Tournee in der Schweiz. Positiv bleiben, auch wenn es einem nicht ums Lachen ist. Anastasia geniesst die Bühne, so könne sie den Krieg ausblenden.
Im Zirkus Knie stehen seit Jahren viele Artisten aus der Ukraine in der Manege – in diesem Jahr insgesamt 26. Viele der Künstler haben daher Angehörige aus der Ukraine, welche flüchten mussten.
Ich geniesse die Bühne und blende den Krieg aus.
Für Zirkusdirektor Fredy Knie war von Anfang an klar: Jetzt ist Menschlichkeit gefragt. Der Zirkus hat sofort gehandelt, die Wohnwagen wurden schnell gefüllt: Künstlerinnen aus der Ukraine dürfen Angehörige, die vom Krieg in der Ukraine geflüchtet sind, auf die Tournee mitnehmen. Dieser Entscheid fiel kurz nach Ausbruch des Krieges.
Wir haben alle Wagen mitgenommen: In Rapperswil steht kein einziger Wohnwagen mehr zur Verfügung.
Die Show, die Zirkuswelt in der Manege, die harte Realität des Krieges draussen. Anastasias Freunde leben alle in Kiew. Auch ihr Vater, ihr Onkel und ihre Grossmutter. Kaum vorstellbar, dass Anastasia nun auf der Zirkusbühne brilliert.
Immerhin von hier aus könnten sie helfen und Angehörige finanziell unterstützen, erklärt Anastasias gleichnamige Freundin, die ebenfalls aus der Ukraine stammt.
Was könnten wir tun, wenn wir dort wären? Uns im Keller verstecken? Hier verdienen wir Geld, das können wir dann nach Hause schicken.
The Show must go on. In der Manege halten alle zusammen. Die Ukrainerinnen und die anderen Artisten. Der Zirkus, eine Familie, auch oder gerade besonders in Zeiten des Krieges.