Die russische Invasion in die Ukraine erschüttert viele Schweizerinnen und Schweizer. Immer mehr Menschen zeigen ihre Empörung und Ohnmacht über den Angriffskrieg Putins auf der Strasse. Gut 1000 Menschen versammelten sich am Donnerstagabend in Zürich zu einem stillen Protest. Rund 600 Personen trafen sich in Bern, um gemeinsam gegen die völkerrechtswidrigen Einmarsch zu protestieren.
Sie sei gekommen, um ihre Solidarität mit der ukrainischen Bevölkerung zu zeigen und um ein Zeichen gegen den Krieg zu setzen, sagt eine junge Frau. Auch viele in der Schweiz lebende Ukrainerinnen und Ukrainer fanden sich ein, viele erzählten von ihren Familien und Freunden in der Ukraine, um die sich grosse Sorgen machen: «Sie erleben eine schreckliche Ungewissheit, sie wissen nicht, was kommt. Es ist eine schreckliche Angst», sagt eine ältere Dame.
Keine Friedensdemo auf dem Bundesplatz
Die spontanen Proteste sind erst der Anfang, die Schweizer Friedensbewegung scheint zu erwachen. Am Samstagmittag steigt in Bern eine nationale Kundgebung, zu der linke Kreise aufrufen. Von der Schützenmatte soll am Mittag ein bewilligter Umzug durch die Berner Innenstadt führen.
Nicht aber auf den Bundesplatz. Dies, weil dort zu dieser Zeit der Wochenmarkt im Gang sei, wie eine Sprecherin der Berner Sicherheitsdirektion auf Anfrage von Radio SRF sagt. Die Veranstalter rechnen mit mehreren tausend Kundgebungs-Teilnehmenden.
Mitmarschieren wird Anja Gada, die im Klimastreik und der Gruppe Schweiz ohne Armee (GsoA) aktiv ist. «Es geht derzeit in der Ukraine um Leben und Tod. Das ist unfassbar», sagt sie. Gerade ihr Engagement in der Klimabewegung habe gezeigt, dass der Protest auf der Strasse eine grosse Wirkung erzielen könne.
Der Ukraine-Konflikt lasse sich mit der Klimadebatte verbinden, so Gada. «Eines der effizientesten diplomatischen Druckmittel auf Putin wäre ein Stopp des Handels mit Gas und Erdöl. Dies käme auch dem Klima massiv zu Gute». So oder so sei es sehr wichtig, dass man sich mit der russischen Bevölkerung solidarisiere und Druck auf den Bundesrat ausübe, eine klare Reaktion gegen die russische Elite zu zeigen.
Eines der effizientesten diplomatischen Druckmittel auf Putin wäre ein Stopp des Handels mit Gas und Erdöl.
Eine weitere Demonstration ist am Samstag in Genf am Place des Nations, also vor dem europäischen UNO-Hauptsitz, geplant. Für Freitagabend sind in Basel, Schaffhausen und St. Gallen unter dem Motto «#StandWithUkraine» Mahnwachen vorgesehen.
In Zürich konnte man beobachten, dass sich viele Klimastreikende der Friedensbewegung angeschlossen hätten, so Anja Gada. Sie ist überzeugt, dass der Krieg in der Ukraine viele jüngere Menschen wachrüttelt. In der Klimastreik-Bewegung würden sich die Leute ganz grundsätzlich damit beschäftigen, was in der Welt geschehe. «Wir sind alle betroffen von den Ereignissen in der Ukraine. Nun gilt es, unsere Solidarität zu zeigen.»
Demos sollen russischen Friedensbewegung Schub geben
Der Historiker Jo Lang hofft, dass sich nun viele junge Leute der Friedensbewegung anschliessen. Warum ist es wichtig, gerade jetzt auf die Strasse zu gehen? «Es hilft, nicht einfach im stillen Kämmerlein zu sitzen, sondern gemeinsam ein Zeichen gegen Putin und für die Ukraine zu setzen», sagt der alt-Nationalrat der Grünen. Dazu gehöre insbesondere auch, der russischen Friedensbewegung den Rücken zu stärken, die enorm unter Druck sei.