9 Uhr morgens im Berner Warenhaus Loeb. Noch trifft man nur vereinzelt Kundinnen und Kunden an. Martin Stucki aus der Geschäftsleitung steht vor den Kleidern von Ralph Lauren. Die Preise liegen in der oberen Mittelklasse – solche Ware ist begehrt bei Ladendiebinnen und -dieben. Gestohlen werde aber auch viel anderes und vor allem häufiger, bestätigt Stucki: «Wir verzeichnen deutlich mehr Diebstähle als zum Beispiel noch vor zwei Jahren.»
Im letzten Jahr waren es an den drei Standorten von Loeb 600 Diebstähle, das sei nahezu eine Verdoppelung zum Vorjahr. Unter den Diebinnen und Dieben, die man erwischt, sind laut Stucki Schweizer und Ausländer verschiedener Nationalitäten. Oft agierten sie in Gruppen. «Sie greifen zu, wenn niemand da ist. Zum Beispiel, wenn der Sicherheitsmann oder die Sicherheitsfrau gerade in einem anderen Stock unterwegs ist. Innert kurzer Zeit nehmen sie sehr viel Ware mit und verlassen das Warenhaus schlagartig.» Da sei man machtlos.
Erhöhte Delinquenz bei Personen aus dem Maghreb
Loeb hat nun das Personal der Sicherheitsfirma aufgestockt. Diebe, die angehalten werden, reagierten oft aggressiv, schildert Stucki. «Es ist vor allem eine verbale Aggressivität. Unser Sicherheitspersonal wird massiv beleidigt und sie sind teilweise auch renitent: Sie wehren sich, wollen wegrennen, sich einer Befragung entziehen oder fühlen sich im Recht.»
Anna Bähni ist Co-Geschäftsführerin der Innenstadtvereinigung Bern City. Sie sagt, auch andere Ladenbesitzer in der Berner Altstadt seien betroffen. Die Täterschaft stamme oft aus Nordafrika. «Es gibt Täter, die auch direkt an die Kasse gehen und Geld heraus fordern. Zwar ohne Waffe, aber mit grosser Bestimmtheit und viel Druck. Bei Festhaltungen kommt es auch immer wieder zu Beschimpfungen.»
Das sei belastend für das Verkaufspersonal, denn kleinere Läden hätten meist keinen Sicherheitsdienst, so Bähni. «Mitarbeitende in einem Detailhandelsgeschäft sind nicht gleich geschult wie das Sicherheitspersonal. Sie können dies nicht in diesem Umfang abdecken – auch psychisch nicht.»
Besonders hohe Delinquenz-Rate
Die aktuelle Kriminalstatistik weist vor allem bei Algeriern und Marokkanern eine hohe Delinquenz-Rate auf, nicht nur bei Diebstählen. Warum eigentlich? Dafür gebe es verschiedene Gründe, sagt der freie Journalist und Maghreb-Kenner Beat Stauffer. «Ein wichtiger Punkt ist, dass aus dem Maghreb viele junge Menschen aus der Unterschicht nach Europa kommen. Häufig sind sie schlecht ausgebildet, haben die Schule abgebrochen und zum Teil schon in ihrem Herkunftsland Delikte begangen.»
Hinzu komme, dass die Menschen aus Maghreb-Staaten seit 1990 nicht mehr legal nach Europa reisen dürften. «Obwohl ihre Länder über hundert Jahre lang engen Kontakt zu Europa hatten: Ihre Väter, Grossväter und Onkel konnten noch legal nach Europa auswandern. Das schafft eine riesige Frustration. Ich erkläre mir dieses Verhalten zum Teil auch durch diesen Umstand.»
Das sind Erklärungen. Für Ladenbesitzerinnen und -besitzer aber keine Lösungen. Die Berner Innenstadt-Laden-Vereinigung arbeitet eng mit den Behörden zusammen. Man versucht sich zu schützen. Zum Beispiel, wie bereits erwähnt, mit zusätzlichem Sicherheitspersonal. «Wenn man es schwieriger für die Täterinnen und Täter macht, werden sie auch weniger kommen», sagt Martin Stucki aus der Loeb-Geschäftsleitung.