Der Kampf gegen organisierte Kriminalität, gegen Clan- oder Bandenkriminalität, er fängt im Kleinen an. Mit regelmässigen Kontrollen von Nagelstudios, Barbershops und Shisha-Bars. Mit der Kontrolle von Arbeitsverträgen und Aufenthaltsbewilligungen, von Buchhaltung, Tabak und Haarprodukten. «Wir machen die ganze Palette», sagt Einsatzleiter Ruedi Bärtschi von der Kantonspolizei Aargau zur «Rundschau». «So wollen wir irgendwann Verbindungen im grösseren Rahmen aufdecken.»
«Taktik der Tausend Nadelstiche»
Die Polizei bekämpft so die sogenannte Strukturkriminalität: Geldwäsche, Betäubungsmittel- oder Menschenhandel. «Wir schauen an, was wir können», sagt Ruedi Bärtschi. «Sind Geschäftsführer irgendwo anders mit einem anderen Geschäft tätig? Werden Leute hin- und hergeschoben?» Um möglichst viel zu kontrollieren, sind bei den unangemeldeten Razzien verschiedene Partner dabei. Die Regionalpolizei, das Amt für Wirtschaft und das Migrationsamt. Oft auch Zollbehörden oder die Lebensmittelkontrolle.
«Es ist die Taktik der tausend Nadelstiche», sagt Markus Gisin, Chef der Aargauer Kriminalpolizei. Immer wieder kontrolliert die Polizei Betriebe, hinter denen sie kriminelle Strukturen vermuten. Oft sind es Bagatelldelikte, die angezeigt und gebüsst werden. Von Interesse seien Lokale mit wenig Auslastung, aber hohen Mieten und üppiger Ausstattung. «Hier geht es um Fragen der Geldwäsche», sagt Markus Gisin. «Wird so vielleicht Drogengeld legalisiert?»
Kriminelle Grossfamilien
Der Polizei geht es mit den Kontrollen auch darum, die Strukturen früh zu stören. Die Arbeit ist aufwändig und ressourcenintensiv. Es handelt sich um sogenannte «Holkriminalität», nach der aktiv gesucht werden muss.
Zur Strukturkriminalität gehören auch sogenannte kriminelle «Clans», die meist der gleichen Grossfamilie angehören oder in der gleichen Region aufgewachsen sind. Kripo-Chef Gisin: «Wir haben Ausläufer von Clankriminalität im Aargau, nämlich monoethnisch abgeschottete Gruppierungen. Sie stammen aus Südosteuropa, der Türkei und dem Nahen und Mittleren Osten.»
Kein schneller Datenaustausch
Mit den Daten aus den Kontrollen arbeiten sich die Ermittler Ebene für Ebene im Netzwerk hoch, erarbeiten ein Lagebild. «Je organisierter, gewerbsmässiger und klandestiner die Strukturkriminalität wird, desto mehr wird es zur organisierten Kriminalität», sagt Kripo-Chef Markus Gisin.
Ein Problem: Die Polizisten können bei der Arbeit nicht automatisch auf Polizeidaten der anderen Kantone zugreifen – etwa für Ermittlungen oder bei Personen- oder Verkehrskontrollen. Sondern müssen einzeln bei jedem Kanton nachfragen.
Polizei ermittelt «im Blindflug»
«Information ist die wichtigste Waffe und die wirksamste Waffe der Polizei», sagt der Aargauer Polizeikommandant Michael Leupold. «Nicht die Pistolen, sondern die Information.» Leupold sagt, im Kampf gegen die organisierte Kriminalität brauche es den einfachen Datenaustausch, die Polizei ermittle sonst «im Blindflug».
Die Kritik von Datenschützern kann er nicht nachvollziehen. Michael Leupold: «Die Schweiz ist ein relativ kleines Land und ich sehe nicht, wo das Problem sein sollte, innerhalb vom Kriminalitätsraum Daten auszutauschen. Ein falsch verstandener Datenschutz kann den Tätern helfen.»