- Künftig sollen alle Menschen in der Schweiz gratis ein elektronisches Patientendossier bekommen.
- Alle Anbieter von Gesundheitsleistungen werden verpflichtet, solche Dossiers zu führen.
- Der Bundesrat hat am Mittwoch eine entsprechende Gesetzesrevision vorgestellt.
Zwar gibt es elektronische Patientendossiers hierzulande schon, bisher werden diese aber noch kaum angewandt. Bis Mitte April 2023 wurden laut dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) gerade einmal 19’481 elektronische Patientendossiers eröffnet. Der Bundesrat will nun allen Menschen in der Schweiz ein elektronisches Patientendossier ausstellen und nimmt dabei auch Anbieter von Gesundheitsleistungen in die Pflicht, die Dossiers zu führen.
Ärzteverband: zu kompliziert und unpraktisch
Die Reaktionen auf diese Pläne fallen jedoch gemischt aus. Skeptisch ist beispielsweise die Ärztevereinigung FMH. Deren Präsidentin Yvonne Gilli betont zwar, dass man keineswegs gegen Digitalisierung im Gesundheitswesen sei. Das geplante elektronische Patientendossier sei jedoch viel zu kompliziert und unpraktisch in der Anwendung.
Was wir auf gar keinen Fall brauchen, ist eine zusätzliche Administrativlast.
Ärztinnen und Ärzte müssten zu viel Zeit vor dem Computer verbringen, kritisiert Gilli. «Was wir auf gar keinen Fall brauchen, ist eine zusätzliche Administrativlast. Dann steigen uns die Gesundheitsfachpersonen über die verschiedenen Berufe aus.» Bevor man das elektronische Patientendossier weiter ausbaue, müsse man zuerst das Produkt verbessern.
Gilli stört zudem, dass der Bund künftig alle Fachpersonen im Gesundheitsbereich – also alle Ärztinnen, Apotheker oder Physiotherapeuten – verpflichten will, solche elektronischen Dossiers zu führen. Es wäre zwar schön, wenn mehr Ärzte beim elektronischen Patientendossier mitmachen würden, sagt Gilli, «aber dazu braucht es eben ein Nutzen bringendes Produkt und nicht eine Verpflichtung».
Wer kein Dossier will, muss aktiv werden
Kritik hört man auch von der Stiftung für Konsumentenschutz. Konkret bemängelt diese, dass künftig alle Menschen in der Schweiz automatisch ein elektronisches Patientendossier erhalten sollen. Wer dies nicht will, muss sich aktiv dagegen wehren, geplant ist somit eine sogenannte Opt-Out-Lösung.
Wir sind nur dann für eine Opt-Out-Lösung, wenn Konsument oder Konsumentin zuerst einsehen konnten, was im Dossier ist.
«Wir sind da etwas skeptisch», sagt Konsumentenschutz-Geschäftsleiterin Sarah Stalder. «Wir werden uns dafür einsetzen, dass es nur eine Opt-Out-Lösung gibt, wenn man als Konsument oder Konsumentin zuerst überhaupt einsehen konnte, was in diesem Dossier ist.»
Stalder nimmt aber auch insbesondere die Ärztinnen und Spitäler in die Pflicht. Sie müssten sich mehr einbringen und alles daran setzen, dass das elektronische Patientendossier praxistauglich wird. In Sachen Digitalisierung hinkt die Schweiz laut Stalder im Gesundheitswesen anderen Ländern hinterher.