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La Brévine NE Im «Sibirien der Schweiz» nimmt die Zahl der Kälterekorde ab

La Brévine im Neuenburger Jura gilt als kälteste Gemeinde der Schweiz. Minus 42 Grad Celsius zeigte das Thermometer 1987 an. Doch der Klimawandel lässt das Eis und den Schnee und damit auch Einkünfte schmelzen.

Von sibirischer Kälte ist in La Brévine an diesem Tag Mitte Dezember nichts zu spüren. Zwar geht im Neuenburger Jura eine bissige Bise. Doch der Eindruck täuscht. Das offizielle Thermometer bei der Gemeindeverwaltung zeigt nur minus zwei Grad an. Gemessen wird die Temperatur wenige Meter daneben, an einer offiziellen Messtation von Meteo Schweiz.

Jean-Maurice Gasser hat sich trotzdem dick eingepackt. Er ist pensionierter Berufsoffizier der Schweizer Armee und war bis 2020 Gemeindepräsident von La Brévine. Es habe in den letzten Tagen viel geregnet, jetzt liege wenigstes ein bisschen Schnee, sagt Gasser. Der 74-Jährige lässt durchblicken, dass es in seinem Empfinden für die Jahreszeit um einiges zu warm ist.

Dorf in Kältesee

Warum sich La Brévine das «Sibirien der Schweiz» nennt, erklärt Gasser so: La Brévine liege zwar nur auf 1100 Meter über Meer, aber im Winter setze sich auf dem Talboden eisig-kalte Luft fest. Das wirke sich auch auf den See aus, der in den vergangenen Jahrzehnten jeweils im November oder Dezember gefror und erst im März wieder auftaute.

Doch der Klimawandel macht sich immer stärker bemerkbar. 2023 sei der See erst im Januar gefroren und im Februar wurde es so warm, dass das Eis wieder verschwand, so Gasser. Das sei seltsam.

Dass sich im Lac des Taillères heute weniger oft und auch dünneres Eis als noch in den 1980er- oder 90er-Jahren bildet, ist eine Tatsache. SRF-Meteorologe Mauro Herrmann sagt: «Seit dem Kälterekord vom 1987 in La Brévine hat sich das Schweizer Klima um 1.5 Grad erwärmt, womit extrem kalte Temperaturen immer unwahrscheinlicher werden.»

Für La Brévine hat das auch wirtschaftliche Konsequenzen. Ist der Lac des Taillères gefroren und der Himmel wolkenlos, können sich an einem Wintertag schon mal 5000 Leute auf dem See vergnügen, während nebenan Langläufer durch die Loipen kurven. Lokale Vereine und Gewerbetreibende verpflegen die Besucherinnen und Besucher dann mit Glühwein, Patisserie, Raclette und Würsten. Fehlen Eis und Schnee, fehlen dem Dorf wichtige Einnahmen.

Mehr Sommertouristen

Den fehlenden Wintertourismus habe man mit zusätzlichen Sommertouristen etwas auffangen können, sagt Marceline Huegenin, die in La Brévine ein Antiquitätengeschäft betreibt. Wenn die Winter in La Brévine nun immer wärmer werden: Soll sich die Gemeinde immer noch das Sibirien der Schweiz nennen?

Natürlich, sagt Marceline Huguenin. Es werde ja überall im Land wärmer und nirgendwo kälter. Auch für Jean-Maurice Gasser ist das kalte Klima noch immer ein Charakteristikum von La Brévine. Dem widerspricht Meteorologe Mauro Hermann nicht. Dass La Brévine den eigenen Schweizer Kälterekord von Minus 42 Grad in den nächsten Jahren knacken wird, ist dennoch eher unwahrscheinlich.

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SRF1, Wetter, 25.12.2024, 16:50 Uhr

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