- Nach dem Nein zum CO₂-Gesetz vor zwei Jahren hat die Schweizer Klimapolitik in internationalen Rankings an Terrain verloren.
- Andere Länder, insbesondere die EU, haben unterdessen vorwärtsgemacht.
- Nach dem Ja zum Klimaschutz-Gesetz könnte die Schweiz jetzt wieder aufholen – falls rasch weitere Massnahmen folgen.
Der sogenannte Climate Change Performance Index (CCPI) misst jedes Jahr die Klimapolitik der 63 Länder, die am stärksten für den Klimawandel verantwortlich sind, und erstellt eine Rangliste.
Die Idee dahinter erklärt Thea Uhlich, Referentin für Klimaschutz und Energie bei der deutschen Umweltorganisation Germanwatch in Bonn und Co-Autorin des CCPI: «Wir können internationale Vergleichbarkeit herstellen und sichtbar machen, welches Land wie viel macht.» So entstehe eine gute Datengrundlage, die es ermögliche, zu sehen, wo noch etwas getan werden muss.
Mehr Energie verbraucht
Die Schweiz war lange im oberen Drittel der Rangliste. Wegen des Neins zum CO₂-Gesetz 2021 verlor sie an Terrain, und im neusten Ranking ist sie sogar von Platz 15 auf Rang 22 von 63 in die Kategorie «mittelmässig» zurückgefallen.
Eine Verschlechterung habe man vor allem beim CO₂-Ausstoss und beim Energieverbrauch festgestellt. «Die Schweiz erhält in diesen beiden Kategorien nur noch ein ‹mässig›, wohingegen sie zuvor ein ‹gut› erhalten hatte», erklärt Uhlich.
Climate Change Performance Index 2023
Das von der Stimmbevölkerung am Sonntag angenommene Klimaschutz-Gesetz markiere eine Trendwende, sagt die Klimawissenschaftlerin aber auch. Allerdings werde der Volksentscheid allein kaum dazu führen, dass die Schweiz in der Rangliste wieder deutlich nach oben rücke.
Schweiz bald «fast genügend»?
Zwar hat die Schweiz jetzt ein langfristiges Ziel bis 2050. Allerdings fehlen die kurzfristigen Massnahmen und Ziele bis 2030 noch. Das ist der Hauptgrund, weshalb auch ein anderer Monitor, der sogenannte Climate Action Tracker, die Schweizer Klimapolitik nach wie vor für ungenügend hält.
Der Climate Action Tracker vergleicht die Anstrengungen der Länder mit dem, was nötig wäre, um die Klimaziele des Pariser Klimaabkommens zu erreichen – also eine maximale Erwärmung des Klimas um 1.5 Grad gegenüber der vorindustriellen Zeit.
Climate Action Tracker
Judith Hecke, Expertin für Klimapolitik beim New Climate Institute in Berlin und mitverantwortlich für den Climate Action Tracker, hat sich die Neuauflage des CO₂-Gesetzes, wie sie jetzt vorgesehen ist, angeschaut. «Die Schweiz wird damit ‹fast genügend› – was eine Klimaerwärmung von unter 2 Grad bedeutet. Aber eben nicht unter den angestrebten 1.5 Grad.»
Neues CO₂-Gesetz bald im Parlament
Das neue CO₂-Gesetz kommt nächstens ins Parlament. Wird anschliessend dagegen das Referendum ergriffen, würden die Stimmberechtigten voraussichtlich in der zweiten Hälfte 2024 ein weiteres Mal über ein CO₂-Gesetz abstimmen.
Frühestens 2025 würde die Schweiz also knapp auf den Pfad zur Erreichung der Pariser Klimaziele einschwenken. Erst dann könnte sie wohl mit ihrer Klimapolitik auch international wieder Ränge gutmachen.
Das hängt allerdings nicht nur von der Schweiz ab, sondern auch davon, wie stark andere Länder in der gleichen Zeit ihre klimapolitischen Ambitionen in nächster Zeit nach oben schrauben, und das ist schwierig vorherzusehen.
Verschiedene grosse Akteure haben sich in letzter Zeit einiges vorgenommen, zum Teil deutlich mehr als die Schweiz. Nun wird sich zeigen müssen, wer wie viel davon auch erreicht.