Herbst ist Krankenkassen-Saison. Kaum fallen die ersten Blätter von den Bäumen, melden sich die Krankenkassen mit ihrer Werbung zurück. Kundenakquise, nennt sich das. Und dabei sind die Kassen durchaus kreativ. Neue Adressen, neue Kontakte von Kundinnen und Kunden, Wettbewerbe an Messen sind eine Möglichkeit, an Adressen zu kommen, aber auch Sponsoringverträge mit Vereinen.
Sterneintrag wird umgangen
Wer keine Werbeanrufe möchte, macht einen Sterneintrag im Telefonbuch. Wer sich nicht an diesen Eintrag hält, handelt unlauter und verstösst gegen das Gesetz. So weit, so klar. «Wenn man die Menschen nicht mehr einfach so kontaktieren darf, muss man eine Art und Weise finden, wie man die Leute legal kontaktieren kann», sagt Felix Schneuwly, Krankenkassenexperte beim Internetvergleichsdienst Comparis.
Der Trick: Die Krankenkassen schreiben potenzielle Neukunden an und kündigen den Telefonanruf an. Die Adressen haben die Kassen legal über einen Wettbewerb oder ein Sponsoring erhalten. Wer nicht angerufen werden möchte, muss sich verweigern, muss also selbst aktiv werden. Mit diesem Schreiben wird der Sterneintrag irrelevant. Verboten ist dieses Vorgehen aber nicht.
Manöver gegen Branchenvereinbarung
Ähnlich könnte es bald auch mit der neuen Branchenvereinbarung laufen, die ab dem 1. Januar 2021 in Kraft tritt und die sogenannte Kaltakquise untersagt. Heisst: Die unterzeichnenden Krankenkassen dürfen mögliche Neukunden nicht mehr wahllos telefonisch kontaktieren.
Sara Stalder, Geschäftsführerin der Stiftung für Konsumentenschutz, vermutet nun, dass diese Branchenvereinbarung ausgehebelt werden könnte. Die briefliche Vorwarnung des Anrufs sei ein Manöver, sagt Sara Stalder. «Das geht natürlich auch nicht», findet die Konsumentenschützerin.
Santésuisse: «Ist auch im Interesse der Versicherten»
Seitens der Krankenkassen sieht man das anders. Der Branchenverband Santésuisse erklärt auf Anfrage des SRF-Konsumentenmagazins «Espresso», Krankenkassen müssten – wie andere Unternehmen auch – neue Kunden anwerben können. «Das ist durchaus auch im Interesse der Versicherten, weil seriöse Beratung von vielen geschätzt wird», sagt Matthias Müller von Santésuisse. Gleichzeitig sei es aber auch im Interesse der Krankenkassen, dass sich die Kunden nicht belästigt fühlten.