«Wer Allergien hat, für den wird das Einkaufen immer komplizierter. Sogar nach acht Jahren Deutsch in der Schule sind gewisse Ausdrücke auf den Verpackungen unverständlich.» Die Verärgerung von Jana Hoznour ist gross – immer öfters kommt sie unzufrieden vom Einkaufen nach Hause. Vor allem dann, wenn sie Produkte wie Cholesterin senkende Margarine bräuchte. Denn dann sollte sie genau wissen, was auf der entsprechenden Verpackung steht.
Die Erklärung für Hoznours Frust: eine Gesetzesänderung. Das zeigen Recherchen von RTS. 2017 wurde das Lebensmittelgesetz überarbeitet. Nach einer Übergangsfrist ist die Revision letzten Monat nun endgültig in Kraft getreten. Seither ist es nicht mehr vorgeschrieben, Produktetiketten obligatorisch in allen drei Landessprachen zu beschriften.
Damit lassen sich unter anderem Produkte aus der EU einfacher importieren: Diese können nun direkt eingeführt werden, sofern die Angaben auf der Verpackung mindestens auf Deutsch, Französisch oder Italienisch verfasst sind.
Konsumentenorganisation verlangt mehr Transparenz
Für Barbara Pfenniger von der welschen Konsumentenorganisation «Fédération romande des consommateurs» ist der Unmut vieler Kundinnen und Kunden nicht neu: «Diese Entwicklung nervt Konsumentinnen und Konsumenten aus der Westschweiz. Sie fühlen sich ausgeschlossen.»
Die Forderung der Konsumentenorganisation ist darum klar: Bei der nächsten Überarbeitung der gesetzlichen Grundlagen sollen die Etiketten entsprechend ihrem Verkaufsort beschriftet werden. So, wie es Belgien bereits heute handhabt.
Es kann gefährlich sein, Verpackungsangaben nicht zu verstehen.
Barbara Pfenniger warnt nämlich: «Es kann gefährlich sein, Verpackungsangaben nicht zu verstehen. Vor allem für Menschen, die an einer Lebensmittel- oder Kosmetikallergie leiden.» Auf vielen Etiketten habe es technische Begriffe, für deren Verständnis das Schuldeutsch nicht ausreiche.
Bundesamt rät im Zweifelsfall zu Verzicht
Schweizer Händler rechtfertigen die spärliche Beschriftung mit dem knappen Platz auf den Verpackungen. Und sie halten auf Anfrage von RTS fest: Das Verkaufspersonal und der Kundenservice stünden Konsumentinnen und Konsumenten bei Fragen stets zur Verfügung.
Eine radikale Lösung schlägt das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen vor: Allergikerinnen und Allergiker sollten darauf verzichten, Produkte zu wählen, deren Inhaltsstoffe sie nicht verstehen – auch wenn dies alles andere als ideal sei. Doch ansonsten würden sie ein Gesundheitsrisiko in Kauf nehmen. Und das Bundesamt rät: Betroffene sollten das Problem direkt den Produzenten und Händlern melden.