Die Ladentheke der Cannabinothèque würde sich auch in einer Bijouterie gut machen. 14 durchsichtige Behälter sind ins dicke Holz eingelassen. Doch statt Preziosen sind in jeder Box ein paar Hanfblüten oder ein Harzklümpchen platziert.
Gérard beugt sich über die Auslage und studiert das Menu, auf dem die Cannabisprodukte kategorisiert sind. Von eins für stark berauschend bis vier für schwach berauschend. «Vor dem Schlafen rauche ich eine andere Sorte als mitten am Tag», sagt der 34-Jährige, der täglich kifft. «Es ist wie beim Alkohol: Da macht man ja auch einen Unterschied zwischen Bier und Wodka.»
«Bei den Teilnehmenden das Wissen über die Cannabisprodukte zu fördern, ist eines der Ziele des Pilotversuchs», sagt Ex-Bundesrätin Ruth Dreifuss. Sie präsidiert den Verein, der die Cannabinothèque betreibt. «Viele der Teilnehmenden sagen uns, dass ihnen das Cannabis auf dem Schwarzmarkt inzwischen zu stark sei.»
Wer hier in der Cannabinothèque einkaufen will, muss sich registrieren und verpflichtet sich, alle sechs Monate einen Fragebogen zum eigenen Konsum auszufüllen. Dafür darf man dann legal Cannabis kaufen; aus lokaler biologischer Produktion und streng kontrolliert.
Es braucht ein nicht-gewinnorientiertes Verkaufsmodell.
«Wir wollen ein Modell, das keine Anreize zum Konsum schafft, aber hohe Qualität bietet – und Ratschläge für einen vernünftigen Konsum von Cannabis», sagt Dreifuss. Die ehemalige SP-Politikerin ist überzeugt: Das sei nur möglich, wenn der Verkauf von Cannabisprodukten – anders als beim Tabak oder Alkohol – nicht gewinnorientiert sei.
1100 Teilnehmerinnen und Teilnehmer machen beim Pilotversuch in Genf mit. Sie haben ein Aufnahmegespräch hinter sich und füllen alle sechs Monate einen Fragebogen aus. Jeder Kauf wird wissenschaftlich ausgewertet.
Wir müssen auch die minderjährigen Kifferinnen und Kiffer erreichen.
Leider seien die Teilnehmenden nicht ganz repräsentativ, sagt Dreifuss. Mit achtzig Prozent seien Männer deutlich übervertreten. Zudem seien die Teilnehmenden im Schnitt besser integriert als die durchschnittlichen Cannabiskonsumierenden. Und: Minderjährige sind von Gesetzes wegen ausgeschlossen. Ihnen bleibt nur, sich den Stoff auf dem Schwarzmarkt zu kaufen – ohne Qualitätskontrolle, ohne Beratung.
Ein Versäumnis, findet die frühere Gesundheitsministerin. In ihren Augen wäre ein kontrollierter und begleiteter Verkauf von Cannabisprodukten gerade für Minderjährige wertvoll. «Das könnte ihnen helfen, einen Konsum zu finden, der ihre Zukunft nicht verbaut.»
Legal – und leichter zugänglich
An der Theke der Cannabinothèque hat sich Gérard inzwischen entschieden: Je ein Säckchen Royal Highness, White Widow und Dance World liegen auf der Theke. Jedes enthält drei Gramm Cannabis. Das ist das Maximum pro Einkauf. Auch die Menge der psychoaktiven Substanz THC, die pro Monat in der Cannabinothèque gekauft werden darf, ist limitiert.
«Ich bin froh darum. So gibt es zumindest eine Grenze, die ich nicht überschreite», sagt Gérard. Allerdings habe das unkomplizierte Einkaufen in der Cannabinothèque bei ihm dazu geführt, dass er insgesamt mehr kiffe als früher. «Die psychologische Barriere, mich mit einem Dealer treffen und etwas Illegales tun zu müssen, die ist weg.»