Mit einem Strauss von Massnahmen beim Lohnschutz will der Bundesrat das Abkommen mit der EU mehreitsfähig. Massgeblich mitverantwortlich für das Dossier ist das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco). Direktorin Helene Budliger Artieda war involviert in die Verhandlungen mit Gewerkschaften und Arbeitgebern.
SRF News: Das Lohnschutz-Paket ist geschnürt, haben Sie die Korken knallen lassen?
Helene Budliger Artieda: Wir haben zweieinhalb Jahre lang sehr hart gearbeitet – darum bin ich schon froh, dass wir diesen wichtigen Meilenstein erreicht haben. Aber es ist ehrlich gesagt noch ein wenig zu früh, die Korken knallen zu lassen.
Können Sie die Hand ins Feuer legen, dass der Lohnschutz garantiert ist?
Dem Bundesrat ist das sehr wichtig. Mit diesen 14 Massnahmen würde ich sagen: Ja.
Einer der umstrittensten Punkte ist die Spesenregelung: Jetzt fährt die Schweiz einen Kurs, der über Umwege dazu führt, dass etwa ein polnischer Gipser in der Schweiz doch Spesen in Schweizer Höhe bekommt und nicht die tieferen von Polen, so wie die EU es eigentlich vorschreibt. Ist das nicht eine Provokation der EU gegenüber?
Die Schweiz wollte im Idealfall eine Ausnahme in den Verhandlungen. Wir mussten aber erkennen, dass das nicht möglich ist, weil es eben diese Richtlinien der EU gibt.
Jetzt macht man es einfach trotzdem.
Nein, ich glaube, für die Schweiz ist wichtig: Spesen können kein Einfallstor für Lohndumping sein. Jetzt hat man sich am Spielraum orientiert, von dem uns die EU-Kommission immer sagte, dass es ihn gibt und was wir notabene auch durch eine unabhängige externe Studie überprüfen liessen. Im Entsendegesetz orientieren wir uns in erster Linie am Herkunftsland, wie die EU-Richtlinie dies möchte.
Es ist wichtig, dass man im Abkommen das Prinzip verankert hat: gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort.
Da muss man sagen, ganz viele Länder haben eine vergleichbare Gesetzgebung wie die Schweiz. Sollte man aber eine Entsendung haben, wo das im Herkunftsland nicht klar geregelt ist, werden wir einen Zusatz machen, bei dem wir sagen: In diesen Fällen müssen die effektiven Kosten in der Schweiz bezahlt werden vom Arbeitgeber. Es ist wichtig, zu präzisieren: Unterkunft und Verpflegung.
Am Schluss läuft es eben doch auf Schweizer Spesen hinaus. Andere Länder machen das auch, aber die haben das nicht auch noch ins Gesetz geschrieben.
Das ist einfach nicht schweizerisch, denn wir wollen klare Verhältnisse. Wir mussten allen vier Sozialpartnern, die sich Sorgen machten, die Sicherheit geben. Deshalb ist das nun unser Weg. Aber nochmals, es ist wichtig, dass man im Abkommen das Prinzip verankert hat: gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort. Wir haben das Gefühl, diese Regelung, die der Bundesrat in die Vernehmlassung schickt, wird diesem Prinzip gerecht.
Mit dieser Einigung beim Lohnschutz ist die Linke wohl an Bord für die neuen Verträge mit der EU. Wie sicher sind Sie, dass das bei der Wirtschaft der Fall ist?
Das ist schwierig zu sagen. Für die Unternehmerschaft ist sehr wichtig, dass durch die dynamische Rechtsübernahme nicht irgendwie bürokratische Regelungen in die Schweiz kommen. Das können wir garantieren. Die Schweiz ist nach wie vor autonom und kann übernehmen oder nicht übernehmen, was sie will.
Für die Gewerkschaften spielt der Service public eine grosse Rolle. Da gibt es also noch ganz viele andere Themen, die darüber hinausgehen, was wir im Lohnschutz erreicht haben. Daher kann ich mich nicht auf eine Prognose einlassen, ob das jetzt das ist, was die vier Sozialpartner über die Zielgerade bringt.
Das Gespräch führte Nathalie Christen.