In rund 100 Läden in der Region Basel können Waren und Dienstleistungen derzeit mit der Lokalwährung Netzbon bezahlt werden – einer Art Ersatzgeld mit gedruckten Noten. Die Idee: Regionale Betriebe und Konsumenten sollen zusammengebracht werden.
Statt in einem Grossverteiler oder bei einem internationalen Konzern sollen Konsumentinnen und Konsumenten im Laden um die Ecke einkaufen. Auch in anderen Regionen setzen Gewerbebetriebe auf solche Lokalwährungen – zum Beispiel der «Usterbatze» in der Stadt Uster oder der «Léman» in Genf.
Das Team hinter dem Basler Netzbon wagt nun den Schritt ins digitale Zeitalter: Geplant ist eine App, die ähnlich wie der Bezahldienst Twint funktionieren soll. Diese neue Netzbon-App habe Pioniercharakter, sagt Isidor Wallimann, Präsident des Vereins «Soziale Ökonomie», der den Netzbon herausgibt. «Wir wären die ersten im europäischen und amerikanischen Raum», sagt Wallimann. Ihm sei keine vergleichbare Digitalwährung bekannt, die so funktioniert.
Mit EU-Forschungsgeld unterstützt
Der grosse Vorteil gegenüber den herkömmlichen Digital-Bezahldiensten wie Kreditkarte oder Twint sei, dass man anonym bezahlen kann. Niemand könne nachverfolgen, wer was und wo eingekauft hat. Bei der Entwicklung arbeitet der Verein mit der Fachhochschule Bern zusammen. Finanziert wird das Projekt unter anderem von Stiftungen und Geldern aus dem EU-Forschungsprogramm Horizon.
«Für uns ist Basel ideal, um eine solche neuartige Software zu testen», sagt Informatik-Professor Christian Grothoff von der Fachhochschule Bern. Das System könne hier mit dem Netzbon schnell umgesetzt und getestet werden.
Bezahlt werde über eine App auf dem Smartphone, eben wie bei Twint oder Apple-Pay. Geschützt werde die Bezahlung durch eine Verschlüsselung.
Grothoff ist überzeugt, dass das System in Zukunft auch für etablierte Währungen benutzt werden kann, für die eine digitale Form geplant ist, also zum Beispiel einen digitalen Franken, Euro oder Dollar. In Basel könnten erste Erfahrungen gesammelt werden.
Es werden keine Daten aufgezeichnet, man bleibt anonym.
Grosse Pläne oder nur heisse Luft? Tobias Trütsch, der an der Uni St. Gallen das Zentrum für finanzielle Innovation leitet, sieht in der Software aus Basel tatsächlich Potenzial: «Revolutionär ist vor allem der technische Aspekt: Es werden keine Daten aufgezeichnet, man bleibt anonym. Zudem sind die Transaktionskosten deutlich tiefer als bei den herkömmlichen digitalen Zahlungsdiensten», sagt Trütsch.
Man sei sehr gespannt, wie sich das Projekt in Basel entwickle und vor allem, wie gross die Akzeptanz in der Bevölkerung sein werde. Denn: Digitale Währungen seien Zukunft. So plant die Europäische Zentralbank einen digitalen Euro und auch die Schweizerische Nationalbank denkt über die Einführung eines digitalen Frankens nach.
Und der Basler Netzbon? Wird er zur grossen Währungskonkurrenz in der Region Basel? Daran glaubt Trütsch nicht: «Solche Lokalwährungen bleiben wohl auch in Zukunft unbedeutend.» Auch die Verbreitung des digitalen Netzbons werde sich auf die Region Basel beschränken.
Den Notenbanken zeigen, wie es geht
Informatik-Professor Grothoff reizt am Versuch in der Nordwestschweiz aber noch ein anderer Aspekt: In Basel befindet sich der Hauptsitz der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich BIZ. Notenbanker aus der ganzen Welt diskutieren hier unter anderem über die Währung der Zukunft: «Mit dem Netzbon können wir den Nationalbankern quasi vor der Haustüre zeigen, wie man in Zukunft digital bezahlt.»