210 Lokführerinnen und Lokführer fehlen der SBB derzeit. SBB-Chef Vincent Ducrot will nichts beschönigen. Das Lokführerproblem sei nicht über Nacht gekommen. Es habe bereits über Jahre immer Hochs und Tiefs gegeben, man habe sicher immer eher knapp budgetiert.
«Es ist normal, dass man defensiv plant, man plant nicht Ressourcen auf Vorrat. Besonders in den letzten zwei Jahren ist es akut geworden. Nun haben wir einen Mangel», sagt Ducrot
Ausbildungen mussten unterbrochen werden
Ducrot kann nachvollziehen, dass sich einige Kantone oder Fahrgäste von der kurzfristigen Fahrplanausdünnung überrumpelt fühlten. Es sei ihnen aber nichts anderes übrig geblieben, weil sich die Situation erst kurzfristig zugespitzt habe.
«Wir sind davon ausgegangen, dass wir Leute ausbilden können. Doch während der Krise konnten wir die Leute nicht weiter ausbilden. Das Loch wurde immer grösser.» Als die SBB den Mangel erkannt habe, habe sie sofort informiert. «Vorher hatten wir genug Lokführer – zwar knapp –, aber wegen Corona haben wir nun zu wenige.»
«Wir haben nichts gegen die Region Aargau»
Besonders viele Verbindungen fallen in der Region Aargau und in der Westschweiz aus. Der Lokführermangel sei nicht auf dem gesamten Schienennetz gleich akut, sagt Ducrot und reagiert damit auf Kritik aus der Region Aargau.
«Wir haben nichts gegen den Aargau. Wir haben einfach dort weniger Lokführer. Sie werden in den Depots ausgebildet. In Aarau war eine Klasse, und die kommt noch nicht aus der Ausbildung.»
In einzelnen Kantonen wird derzeit diskutiert, ob für die ausgefallenen Züge Schadenersatz verlangt werden kann, weil die SBB die bestellte Leistung nicht erbringt. Im Kanton Aargau hat das Parlament gar über eine Konventionalstrafe diskutiert. Ducrot sieht diesen Drohungen gelassen entgegen. Man werde mit dem Bund und den betroffenen Kantonen diskutieren, was für finanzielle Lösungen möglich seien.
Keine Angst vor der Politik
Auch die Ankündigung von Grünen Nationalrat Michael Töngi, die Geschäftsprüfungskommission müsse untersuchen, ob die SBB überhaupt befugt war, Züge aus Personalnot zu streichen, beunruhigt den SBB-Chef nicht. «Wenn die Politik sich einschalten will, kein Problem. Lokführer herzaubern kann sie auch nicht.»
Wichtig sei, aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen. Deshalb habe er eine interne Revision angeordnet, die nun die Arbeiten der betroffenen Stellen analysiert und Verbesserungen aufzeige. Man dürfe diese Fehler kein zweites Mal machen. Bis zum Fahrplanwechsel Mitte Dezember sollen in der Deutschschweiz alle Züge wieder normal fahren sagt Ducrot.
In der Westschweiz müsse man sich noch bis im April nächsten Jahres gedulden. Der SBB Chef verspricht, dass man diese Planung einhalten könne, sofern keine zweite Corona-Welle komme und nicht ein zweiter Lockdown drohe.