«Dieses Medikament haben wir im Moment nicht auf Lager.» Wegen Engpässen müssen Apotheken Kunden immer wieder vertrösten. Der Pharmamarkt scheint in verschiedenen Bereichen zu versagen – so zum Beispiel auch bei der Erforschung neuer Antibiotika. Oder es wird moniert, dass gerade für neue Medikamente oft extrem hohe Preise verlangt würden.
Es gibt eigentlich ein Marktversagen auf relativ breiter Front.
Darum lanciert der Verein «Pharma für alle» heute in Basel-Stadt eine Volksinitiative. Die Forderung: Der Kanton soll jährlich rund 70 Millionen Franken in einen Fonds zahlen, um etwa Antibiotika zu entwickeln oder Medikamentenengpässe zu beseitigen.
«Es gibt ein Marktversagen auf relativ breiter Front», sagt Mitinitiant Beat Ringger. Beim Problem von Bakterien, die gegen Antibiotika resistent sind, sei das Problem offensichtlich: «Hier müssten die Firmen neue Antibiotika erforschen. Das wird aber nicht gemacht, weil die Gewinnerwartungen zu tief sind.»
OECD-Mehreinnahmen sollen in Fonds fliessen
Die Initiative fordert, dass die Basler Pharmakonzerne indirekt einen Fonds speisen sollen. Denn diese müssen künftig wegen der OECD-Mindeststeuer mehr Steuern zahlen. Einen Teil dieser Mehreinnahmen soll der Kanton in den Fonds einzahlen, so die Forderung. Jährlich sollen rund 70 Millionen Franken in den Fonds fliessen.
Allerdings: Die Entwicklung eines Medikaments kostet schnell eine bis zwei Milliarden Franken. Es stellt sich daher die Frage, ob die Mittel des Fonds reichen können, um neue Wirkstoffe zu erforschen. «Es würde sich um eine öffentliche Institution handeln. In der Regel kann so schon mit viel weniger Geld etwas bewirkt werden. Gerade die grossen Pharmakonzerne investieren zum Beispiel viel Geld in Marketing», sagt Ringger.
Pharmavertreter hält Initiative nicht für zielführend
Marktversagen, Ineffizienz und getrieben von Profit – diese Vorwürfe weist René Buholzer vehement von sich. Er ist Geschäftsführer von Interpharma, dem Verband der Pharmakonzerne.
Gerade in der Pandemie haben wir jüngst erlebt, dass alle Innovationen, wie Medikamente und Diagnostika, aus der Privatwirtschaft kommen.
Natürlich gebe es Herausforderungen mit Antibiotikaresistenzen, das Problem seien aber Fehlanreize: «Die Politik sollte mehr Anreize schaffen, damit Firmen auch in diesen Bereichen mehr Medikamente entwickeln können.»
Weiter sagt Buholzer, dass gerade private Unternehmen ihre Mittel effizient einsetzen würden: «In der Pandemie haben wir jüngst erlebt, dass alle Innovationen, wie Medikamente und Diagnostika, aus der Privatwirtschaft kommen. Es ist also historisch gesehen nicht evident, dass Staatsgelder eine bessere Lösung bringen.»
Initiative soll auch Diskussion ins Rollen bringen
Die Initianten – zu denen auch die SP gehört – sehen das anders. Auch das Argument, ein kantonaler Vorstoss würde die Probleme nicht lösen, lassen sie nicht gelten. «Es ist eine weltweite Krise. Aber Basel-Stadt als Pharmastandort ist prädestiniert, einen Beitrag zu leisten», sagt Oliver Bolliger, Vorstandsmitglied des Vereins «Pharma für alle». Die kantonale Initiative soll aber auch eine Diskussion auf nationaler Ebene anzustossen, wünschen sich die Initianten.