Personalmangel – ein Dauerbrenner in der Schweizer Gesundheitsbranche. Die Coronapandemie hat das anhaltende Problem noch verstärkt, für die aufwendige Betreuung von Corona-Patienten ist mehr Fachpersonal gefragt. Jedoch hat das Gesundheitswesen gleichzeitig auch mit Ausfällen zu kämpfen, da Mitarbeitende sich mit dem Virus angesteckt haben oder wegen Verdachtsfällen in Quarantäne oder Isolation müssen. «Das Virus macht vor den Gesundheitsangestellten nicht halt», so Yvonne Ribi vom Schweizer Berufsverband des Pflegefachpersonals (SBK).
Wir haben weiterhin eine kritische Situation.
Aufruf an Freiwillige
Im Kanton Bern ist die Situation besonders akut, rund 200 Angestellte in den Spitälern und zusätzlich 450 Mitarbeitende in Heimen fallen wegen der Quarantäne- oder Isolationspflicht aus. Auch der Bieler Spitaldirektor Kristian Schneider ist alarmiert: «Wir haben weiterhin eine kritische Situation. Wir sind immer noch in einer Bedarfssituation». Das Berner Gesundheitsdepartement sucht darum händeringend nach Ersatz.
In einem Aufruf bittet es Freiwillige, Personen mit Ausbildung oder Erfahrung in Pflege- und Gesundheitsberufen, die nicht mehr im Beruf tätig sind, um Hilfe. Über eine digitale Plattform kann sich melden, wer für einen Einsatz im Gesundheitswesen bereit ist. Auch andere Kantone haben ähnliche Aktionen gestartet.
Gleichzeitig mit dem Personalausfall wird bei der Infrastruktur aufgerüstet, die Intensivbetten werden ausgebaut. Es braucht also noch mehr Personal.
Hilfe von Armee und Zivilschutz
Momentan liegt die Regelung der Patientenversorgung in den Händen der Kantone. Mehrere von ihnen fühlen sich der Situation nicht mehr gewachsen und holen sich Unterstützung vom Bund. Heute gab Bundesrätin Viola Amherd bekannt, dass der Bund den Kantonen Genf, Wallis, Bern, Tessin und bald auch Basel-Stadt Armeeangehörige zum Einsatz in den Spitälern zur Verfügung stelle. Abhilfe soll auch der Zivilschutz leisten. Doch nicht alle Anfragen werden vom Bund auch positiv beantwortet.
Die Personalfrage bleibt angespannt. Als sich im Sommer die Situation entspannte, sei das Coronavirus für die Gesundheitsangestellten präsent geblieben, die Schutzmassnahmen die gleichen, so Yvonne Ribi vom SBK. Viele Verantwortliche hingegen hätten diese Zeit zu wenig genutzt. Man habe sechs Monaten Zeit gehabt, um beispielsweise regionale Personalpools aufzubauen, dies sei aber kaum geschehen.
Austausch von Personal zwischen Spitälern
Bei Überlastung eines Spitals werden momentan die Patienten verlegt, ein interkantonaler Austausch von Personal ist bisher nicht vorgesehen. Diese Transfers von Patienten in andere Kantone seien zwar notwendig, schreibt die SGI in ihrer Mitteilung, jedoch seien diese für betroffene Patienten sowie Angehörige eine grosse Belastung.
Diese Systemlücke scheint das Bundesamt für Gesundheit erkannt zu haben. Auf Anfrage bestätigt der Armeesprecher Stefan Hofer, dass der Koordinierte Sanitätsdienst im Auftrag des BAG prüft, ob im System, in welchem bereits die Bettenkapazitäten von rund 150 Schweizer Akutspitälern abgebildet werden, auch die Personalsituation gezeigt werden könnte.