Früher war er so etwas wie der Chef der Energie-Detektive der Wirtschaft: Armin Eberle. Bis vor wenigen Jahren leitete er die Energie-Agentur der Wirtschaft ENAW. Dort machten sich die Berater auf die Suche nach Stromfressern – und fanden sie zuhauf. Eberle erlebte eine Parkplatzheizung, die im Sommer lief, und Serverräume, wo sich Heiz-Thermostat und Klimaanlage bekämpften.
Energie sparen: keine Priorität
Jetzt forscht Eberle an der ZHAW zu Energiewirtschaft und Energieeffizienz. In der Schweiz gebe es nach den Grossverbrauchern rund 70'000 KMU, die relativ viel Energie benötigen. «Bei 80 Prozent von ihnen hat die Energie noch kaum eine Rolle gespielt», sagt Eberle gegenüber der «Rundschau».
Die Inhaber hätten meist zu wenig Zeit: «Wenn sie am Abend nach Hause kommen, machen sie zuerst einmal die Mehrwertsteuerabrechnung, achten darauf, dass es dem Personal gut geht und schauen, wo sie das Material herbekommen.» Bei diesen KMU hätten die Energiekosten bisher 3 bis 5 Prozent der Gesamtkosten ausgemacht.«Als Strom und Gas günstig waren, musste Energieeffizienz hinten anstehen», sagt Eberle.
Stromdetektive ermitteln
Mit hohen Energiepreisen steigt auch der Problemdruck. Die KMU können Energieeffizienz nicht weiter ignorieren. Sie holen sich Hilfe bei sogenannten Stromdetektiven. Markus Gomer ist Energieberater. Sein Rat ist derzeit sehr gefragt – und bare Münze wert.
Wir begleiten ihn ins Sandstrahlwerk in Feusisberg (SZ). Ein Unternehmen mit 20 Angestellten, das erst am Anfang der Energieeffizienz ist. Viel Energie fressen die Tauchbäder für die chemische Vorbehandlung von Stahlbauteilen.
Künftig sollen sie nicht mehr mit Gas geheizt werden, sondern mit der Abwärme des Druckluftkompressors, ergänzt mit einer Wärmepumpe. So könnte Unternehmer Philipp Schönbächler Gas für 20'000 Franken pro Jahr sparen – eine grosse Entlastung. Die aktuelle Gasrechnung ist bereits drei Mal so hoch wie normal, erzählt der Unternehmer. Das zwinge zum Handeln: «Wenn der Nutzen nicht so hoch ist, dann wird es halt einfach verschoben, wird nicht priorisiert. Dann macht man anderes zuerst.»
Viel Potenzial liegt noch brach
Für Professor Eberle ist die Situation kein rein schweizerisches Problem. Studien aus Europa zeigten, dass rund 60 Prozent der wirtschaftlich lohnenden Massnahmen noch nicht ergriffen worden seien. Mit den steigenden Strompreisen würden immer mehr Massnahmen schneller rentabel.
Auch wenn es gute Beispiele gebe: Bei vielen energieintensiven KMU sei die Eigenverantwortung gescheitert, sagt Eberle: «Es war kein wichtiges Thema für sie, weil es zu wenig teuer war. Wenn sie in Eigenverantwortung etwas machen sollen, das sie nicht interessiert, dann wird es schwierig.» Mit den steigenden Energiepreisen hat sich das geändert. Das Interesse der Unternehmen ist nun geweckt.
In der Schweiz müsse man aber eine Differenzierung vornehmen: Nicht alle Betriebe haben laut Eberle die Hausaufgaben nicht gemacht. Die Grossverbraucher hätten ihre Energieeffizienz gesteigert. Sie hätten aber auch die personellen Ressourcen gehabt, sich darum zu kümmern.
Regazzi: «Es ist Zeit, sich darum zu kümmern»
Auch Gewerbeverband-Präsident Fabio Regazzi räumt gegenüber der Rundschau ein, dass viele Unternehmen das Thema Energie vernachlässigt haben. «Das hatte wohl auch damit zu tun, dass KMU strukturell schwächer sind als Grossverbraucher. Sie müssen sich auf Prioritäten für das Überleben des Betriebs konzentrieren», sagt der Mitte-Nationalrat. Die tiefen Energie-Preise hätten in Vergangenheit keinen grossen Druck gemacht auf die Unternehmen. Regazzi: «Aber jetzt ist Zeit, dass man sich um das Thema kümmert.»