Martin Pfister ist Bundesrat – nach dem Trubel des Wahltags erwartet ihn bald die Realität als Mitglied der Landesregierung, wahrscheinlich als Vorsteher des VBS. Im Interview gibt Martin Pfister erste Einblicke in seine Lösungsansätze für die vielen Herausforderungen als Verteidigungsminister.
SRF News: Herr Pfister als sie in diesem Zimmer im Bundeshaus gehört haben, 122 Stimmen für Sie – nur einer hat gefehlt zum Sieg, was ist Ihnen da durch den Kopf gegangen?
Martin Pfister: Es wurde ein bisschen ernster, als es vorgesehen war. Ich habe gedacht, jetzt könnte es klappen – aber ich blieb weiterhin vorsichtig.
Wahrscheinlich werden Sie Verteidigungsminister und haben kaum eine Schonfrist. Auch darum gerade direkt: Bedeutet Ihre Wahl für uns höhere Steuern?
Das wissen wir nicht. Das kommt sehr stark auf die europäische und weltweite Entwicklung darauf an. Unsere Armee muss noch weiter ausgebaut werden. Wichtig ist sicher, dass wir in einem ersten Schritt die Verteidigungsfähigkeit wiederherstellen.
Ja, es braucht wahrscheinlich mehr Geld.
Im Vorfeld haben sie gesagt, es braucht für die Armee wahrscheinlich mehr Geld, und zwar via Mehreinnahmen über die Mehrwertsteuer.
Ja, es braucht wahrscheinlich mehr Geld, das habe ich während dem Wahlkampf gesagt. Ob es über die Mehrwertsteuer ist, wissen wir nicht. Die Mehrwertsteuer ist eine Möglichkeit, wie man mehr Geld generieren könnte. Es gibt bereits Vorschläge im Parlament und wir werden sehen, wie viel es braucht und wie wir es finanzieren werden.
Ich will die Schuldenbremse nicht lockern – aber je nach Mittelbedarf der Armee müssen wir dort auch offen bleiben.
Man könnte auch die Schuldenbremse lockern. Ähnlich, wie Europa es im Moment diskutiert. Aber das wollen Sie nicht, warum?
Ich will die Schuldenbremse nicht lockern, weil es wichtig ist, dass unsere Kinder nicht Schulden tragen müssen, die wir verursacht haben. Aber je nach Mittelbedarf der Armee müssen wir dort auch offen bleiben.
Also vielleicht beides – die Schuldenbremse lockern und mehr Einnahmen?
Wir müssen zuerst schauen, wie viel es wirklich braucht. Wir haben jetzt ein Prozent des BIP als Ziel beschlossen, die elf Milliarden. Wichtig ist, dass wir die Verteidigungsfähigkeit herstellen und dann auch die Perspektive herstellen, für die wahrscheinlichen Gefahren und dann auch für die gefährlichsten Gefahren.
Rüsten ist das eine, sich auf Partner verlassen, das andere. Mit den USA ist dies sehr unsicher geworden. Heisst das, die Schweiz soll sich sicherheitspolitisch jetzt enger an Europa anlehnen?
Wir sind einfach ein Teil von Europa, auch in der Sicherheitspolitik, und müssen jetzt schauen, wie die Zusammenarbeit funktioniert. Diese braucht es, aber selbstverständlich unter Wahrung unserer Neutralität und der Wahrung unserer Interessen. Vielleicht braucht es mehr Zusammenarbeit. Im Moment ist wichtig, dass es überhaupt eine Zusammenarbeit gibt und die Interoperabilität gewährleistet ist, also die Möglichkeit im Kriegsfall zusammenzuarbeiten.
Ich will mich dafür einsetzen, gestaltend zu wirken in allen Themen, zum Wohle der Schweiz.
Im Bundesrat ist der Kampf ums Geld unerbittlich. Wie wollen Sie in diesem Haifischbecken nicht nur überleben, sondern auch gestalten?
Ich gehe davon aus, dass im Bundesrat, wie in den Kantonsregierungen, das Kollegialitätsprinzip spielt, wo man alle Kräfte und auch die Persönlichkeiten ernst nimmt. Ich will mich dafür einsetzen, gestaltend zu wirken in allen Themen, zum Wohle der Schweiz. Das ist die Aufgabe des Bundesrates.
Machen Sie es wie der Hecht – das ist ja Ihr Pfadiname: ruhig analysieren und dann, zack, zuschnappen?
Das wäre eine Möglichkeit, aber man muss auch herumschwimmen, um einander zu kennen. Und nicht einfach nur zuschnappen, wenn der Fisch vorbeischwimmt, den man als Opfer hat. Wichtig ist, dass man auch gute Beziehungen hat im Bundesrat, damit man gemeinsam die Probleme des Landes lösen kann.
Das Gespräch führte Nathalie Christen.