- Das Verfahren gegen vier Mitarbeiter der Gazprombank Schweiz stösst auf viel internationales Interesse.
- Rund um die Geschäftsbeziehung zu einem engen Freund Putins sollen die Angeklagten nicht genügend Abklärungen getroffen haben.
- Die Angeklagten selber weisen die Vorwürfe zurück: Sie würden sich «unschuldig fühlen».
Mitten im Ukraine-Krieg befasst sich das Zürcher Bezirksgericht am Mittwoch mit Geldflüssen der russischen Politik-Elite. Das Medienecho ist deshalb gross: Vor Ort sind auch zahlreiche ausländische Journalistinnen und Journalisten.
Sie berichten für deutsche, österreichische und englischsprachige Medien wie etwa das «Wall Street Journal» aus den USA. Deshalb überträgt das Gericht den Prozess in einen zweiten Saal, was aussergewöhnlich ist.
Speziell ist weiter, dass es sich bei den Angeklagten um hochkarätige Angestellte der Gazprombank Schweiz handelt. So ist einer der Beschuldigten der frühere Chef.
«Zu viel Geld für einen Musiker»
Im Zentrum des Prozesses steht ihre berufliche Verbindung mit dem Russen Sergei Roldugin. Er arbeitet als Musiker und gilt als Jugendfreund des russischen Präsidenten Wladimir Putin.
Für den Dirigenten und Cellisten haben die Angeklagten zwischen 2014 und 2016 zwei Konten eröffnet und geführt. Darauf lagerten Vermögenswerte von 50 Millionen Franken. Doch stammt das Geld wirklich von Roldugin? Dies bezweifelt die Anklage. Als Musiker würde er kaum über so viel Geld verfügen.
Wegen solcher Hinweise hätten die Angeklagten überprüfen müssen, ob Roldugin tatsächlich der wirtschaftlich Berechtigte der Konten sei. Doch die Banker hätten dies unterlassen und ihre Sorgfaltspflichten verletzt. Die Zürcher Staatsanwaltschaft fordert für alle Angeklagten eine bedingte Freiheitsstrafe von sieben Monaten.
«Roldugin ist nicht irgendein Cellist»
Die Verteidigung weist die Vorwürfe zurück: Die Staatsanwaltschaft habe keine stichhaltigen Beweise. Dass das Vermögen jemandem anderem gehöre, hätte die Behörde aufzeigen müssen.
Weiter sei Roldugin nicht irgendein Cellist. Gerade wegen seiner engen Bindung zu Putin sei es plausibel, dass er tatsächlich über so viel Geld verfüge. Die Mitarbeiter hätten die Angaben des Russen deshalb zu Recht nicht angezweifelt.
Die Staatsanwaltschaft hingegen vermutet, dass Roldugin als Strohmann handelte. Mutmasslich seien Gelder des russischen Polit-Establishments auf die Konten geflossen. In der Anklageschrift wird Wladimir Putin sogar namentlich erwähnt: Roldugin habe laut Medienberichten Zugang zum innersten Kreis des Präsidenten, er sei Patenonkel von Putins Tochter.
Gemäss Staatsanwaltschaft ist bekannt, dass Putin offiziell nur ein Einkommen von gut 100'000 Franken hat. Tatsächlich jedoch verfüge er über «enorme Vermögenswerte, welche von ihm nahestehenden Personen verwaltet werden».
Komplexe Vorgeschichte
Dass die Staatsanwaltschaft überhaupt ermittelt hat, liegt an einer Strafanzeige der Finma. Die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht wurde im April 2016 auf die Gazprombank aufmerksam. Damals enthüllten Medien die «Panama Papers» und berichteten über illegale Geschäfte von sogenannten Briefkastenfirmen. Auch Sergei Roldugin und die Gazprombank wurden erwähnt.
2018 beendete die Finma ihre Ermittlungen. Das Resultat: Die Gazprombank habe «schwer gegen die Sorgfaltspflichten des Geldwäschereigesetzes» verstossen. Die Behörde gelangte darauf an die Zürcher Staatsanwaltschaft. Sein Urteil fällt das Bezirksgericht Zürich am 30. März.