Die Endmontage von vier der hochmodernen Kampfjets in die Schweiz holen: Für Verteidigungsministerin Viola Amherd ist das seit Jahren das erklärte Ziel. Nun hat sie es erreicht.
Konkret wird das bundeseigene Rüstungsunternehmen Ruag die Montage von vier F-35 Jets ausführen. Das Bundesamt für Rüstung spricht von einer «Teilendmontage», weil für einzelne Arbeitsschritte eine Rüstungsfirma in Italien zuständig bleibt.
Vier von 36 F-35-Jets selber zusammenzubauen – das bringe praktische Erfahrungen, Datentransfers, Knowhow und technische Unterstützung in die Schweiz, so das Bundesamt für Rüstung. Dies werde die Schweiz unabhängiger machen beim späteren Betrieb der Kampfjets.
Gegengeschäft wird mehrfach angerechnet
Dass die Schweiz die Endmontage der vier Jets übernehmen kann, ist das Ergebnis von monatelangen Verhandlungen. Und der Schritt hat seinen «Preis». Der Auftrag an die Ruag ist ein sogenanntes Gegengeschäft im Rahmen des Kampfjetkaufs.
Lockheed Martin hat sich beim Abschluss des Kaufvertrags verpflichtet, der Schweizer Industrie Aufträge im Gegenwert von fast drei Milliarden Franken zu verschaffen. Der Ruag-Auftrag wird an diese drei Milliarden Franken angerechnet – und zwar mit einem Betrag von fast 500 Millionen Franken.
Dabei handelt es sich allerdings um einen «virtuellen» Betrag: Der Wert von gewissen Leistungen und Know-how-Transfers werden doppelt oder stärker gerechnet. In Franken und Rappen geht an die Ruag selbst dem Vernehmen nach deutlich weniger als die Hälfte der 500 Millionen Franken. Die Endmontage der vier F-35-Maschinen wird rund 100 Mitarbeitende beschäftigen.
Ruag unter Druck
Für die Ruag ist der Auftrag aus zwei Gründen wichtig: Zum einen könnte ihr das Knowhow künftige Unterhaltsaufträge auch für F-35-Jets anderer europäischer Armeen verschaffen. Zum anderen steckt der Rüstungsbetrieb in einer schwierigen finanziellen Lage: Verschiedene Verträge und Projekte hatten sich in der Vergangenheit als Minusgeschäft erwiesen.
Hinzu kamen Unruhen nach Unregelmässigkeiten im Geschäft mit alten Leopard-1-Panzern . Interne und externe Querelen führten letztes Jahr zum Abgang der glücklos agierenden Ruag-Chefin Brigitte Beck und dieses Jahr zur Rücktrittsankündigung von Verwaltungsratspräsident Nicolas Perrin .
Umstrittene Gegengeschäfte
Gegengeschäfte wie jetzt im Fall Ruag sind umstritten: Kritikerinnen und Kritiker bezweifeln den Nutzen – vor allem, weil sie Rüstungskäufe verteuern. Den Rüstungsfirmen entsteht Aufwand, diesen schlagen sie auf den Verkaufspreis drauf. Ein weiterer Streitpunkt betrifft die regionale Verteilung der Aufträge – rund ein Drittel muss gemäss Vereinbarung in der Romandie anfallen.
Westschweizer Industrievertreter fürchten, dass dies nicht einzuhalten sei. Deswegen waren sie lange kritisch gegenüber der Endmontage der vier Jets bei der Ruag. Nun verpflichtet sich die Ruag, rund 40 der 100 für den F-35-Auftrag benötigten Mitarbeitenden aus der Romandie zu beziehen.
F-35 soll rechtzeitig kommen
Letzte Woche waren Lieferverzögerungen bekannt geworden bei Lenkwaffen für das Luftabwehrsystem Patriot – dies, weil die US-Regierung Lieferungen an die Ukraine priorisieren will.
Diese Entwicklung hat Befürchtungen genährt, dass auch der F-35 verzögert in die Schweiz gelangt. Das Bundesamt für Rüstung aber dementiert dies heute: Der erste F-35-Jet werde wie geplant in drei Jahren ausgeliefert.