Seit zwei Tagen ist klar: Der jetzige Bundespräsident, Alain Berset, tritt bei der nächsten Bestätigungswahl für den Bundesrat nicht mehr an. Ist das eine Chance oder ein Risiko für die SP? Bricht nun die Zauberformel auf? Fragen an die Parteispitze – Antworten gibt Jon Pult, einer von fünf SP-Vizepräsidenten und möglicher Bundesratskandidat.
SRF News: Würden Sie es begrüssen, wenn die Grünen einen Sitz im Bundesrat erhalten?
Jon Pult: Als ökologisch und sozial denkender Bürger würde ich es begrüssen. Besonders wenn die rechtsbürgerliche Mehrheit im Bundesrat nicht mehr wäre, weil es in der Bevölkerung keine Mehrheit gibt, die rechtsbürgerlich ist. Aber ob das ein realistisches Szenario ist, entscheidet sich bei den Parlamentswahlen im Oktober.
Also gibt es keinen Sitz für die Grünen auf Kosten der SP?
Sie müssten mir zeigen, welche Partei freiwillig auf Einflussmöglichkeiten verzichtet. Wir wollen uns für die soziale Schweiz einsetzen. Darum ist klar: Wir wollen weiterhin mit zwei Mitgliedern im Bundesrat vertreten sein.
Wenn die «NZZ» versucht, Zwietracht zu säen zwischen der SP und den Grünen, dann darf man sich davon nicht nervös machen lassen.
In der «NZZ» war zu lesen, dass der Paternalismus der SP gegenüber den Grünen die grösste Gefahr für die SP sei. Sehen Sie dies auch so?
Ich sehe das nicht so. Wenn die «NZZ» in einem Meinungsartikel versucht, Zwietracht zu säen zwischen der SP und den Grünen, dann darf man sich davon nicht nervös machen lassen.
Die «NZZ» stützt sich auf die Haltung der SP und die laute: Grüne im Bundesrat – aber nicht auf Kosten der SP.
Auch fast alle Grünen, mit denen ich spreche, finden es besser, zwei Bundesratssitze für die SP und einen für die Grünen zu haben. Ich sehe nicht, wo da der Paternalismus ist, wenn man etwas ausspricht, das wohl auch fast alle Wählerinnen und Wähler der SP und der Grünen denken.
Nach dem Rücktritt von Bundesrätin Simonetta Sommaruga sagte die SP-Parteispitze postwendend: Es gibt ein Frauenticket. Verlangt die Parteispitze jetzt ein Männerticket?
Nein, das macht die Parteispitze aus gutem Grund nicht. Bei der Ersatzwahl für Simonetta Sommaruga musste alles sehr schnell gehen. Und die Frauen waren schon damals in der Minderheit in der Landesregierung. Die SP wollte nicht verantwortlich sein, dass der Frauenanteil noch tiefer gesunken wäre. Darum war das eine klare Ansage. Jetzt ist es nicht nötig, eine schnelle Ansage zu machen.
Für mich sind alle Fragen offen. Es gibt nun genug Zeit, Antworten zu finden.
Möchten Sie einen Mann als Nachfolger von Alain Berset?
Ich könnte mir auch vorstellen, dass die SP mit zwei Frauen im Bundesrat vertreten ist. Längerfristig fände ich es für den Bundesrat am besten, wenn Parteien, die zwei Sitze im Bundesrat haben, diese je mit einer Frau und einem Mann besetzen. Aber im Einzelfall bin ich nicht dogmatisch. Ich finde, das kann man offenlassen und schauen, wer sich interessiert.
Als möglicher Kandidat werden auch Sie gehandelt. Sie schrieben auf Twitter, sie müssten sich eine Kandidatur überlegen. Welche Fragen stellen sich?
Erstens: Kann ich das? Traue ich mir das zu? Zweitens: Will ich das? Für mein Privatleben, für meine Ehe? Und Drittens: Wäre ich der richtige Kandidat für die SP? Für mich sind alle diese Fragen offen. Es gibt nun genug Zeit, Antworten zu finden.
Das Gespräch führte Karoline Arn.