Bis heute Mittag können sich Interessierte aus der Mitte-Partei melden, wenn sie für die Nachfolge von Bundesrätin Viola Amherd kandidieren möchten. In den letzten Tagen und Wochen haben zahlreiche potenzielle Bewerberinnen und Bewerber abgesagt. Stand jetzt will nur der Mitte-Nationalrat und Bauernpräsident Markus Ritter Bundesrat werden. Politologin Sarah Bütikofer spricht über Chancen und Risiken einer Einer-Kandidatur.
SRF News: Wie wahrscheinlich ist es, dass neben Markus Ritter noch jemand antritt?
Sarah Bütikofer: Lange hat es geheissen, dass die Mitte-Frauen jemanden aufbauen werden. Und die anderen Parteien möchten eine Auswahl. Es kann sein, dass noch jemand kommt.
Bis jetzt hat sich keine Frau gemeldet. Wie stark setzt das die Mitte-Partei unter Druck?
Diesen Punkt muss man von zwei Seiten anschauen. Zum einen ist klar, dass das Gremium ausgeglichen zusammengesetzt werden sollte. Deswegen ist jeweils die Partei, die an der Reihe ist, jemanden in den Bundesrat zu bringen, in der Pflicht, eine Auswahl zu bringen. Zum anderen hatte die Mitte-Partei zweimal hintereinander eine Bundesrätin. Aus ihrer Sicht fühlt sie sich wahrscheinlich nicht extrem verpflichtet, eine Kandidatin aufzubauen.
Einzelne Parteimitglieder aus der FDP, aus der SP oder die Präsidentin der Grünen haben gesagt, dass ein Einerticket eine Einladung wäre, sich nicht daran zu halten.
Sind allenfalls Störmanöver der anderen Parteien – sprich: eine Gegenkandidatur – zu erwarten?
Ja, das kann sein. Die meisten Parteien liessen klar durchblicken, dass sie eine Auswahl wünschen. Geht es ihnen ums Prinzip oder überzeugt sie der einzige bisherige Kandidat nicht? Einzelne Parteimitglieder aus der FDP, aus der SP oder die Präsidentin der Grünen haben gesagt, dass ein Einerticket eine Einladung wäre, sich nicht daranzuhalten. Und auch einzelne Mitte-Politiker selbst gaben in Interviews zu Protokoll, dass sie finden, dass ihre Partei kein Ticket bringen sollte. Wenig Kritik gab es bisher vonseiten der SVP. Das kann damit zusammenhängen, dass ihr der Kandidat passt. Es kann auch sein, dass die SVP, die selbst die Erfahrung gemacht hat, was passieren kann, wenn sich die Bundesversammlung nicht an offizielle Wahlvorschläge hält, sich genau deshalb an die offizielle Kandidatur hält.
Mitte-Noch-Präsident Gerhard Pfister hat bei der letzten Bundesratswahl die SP dafür kritisiert, dass sie die Auswahl auf zwei Personen beschränkte. Fällt das ihm jetzt auf die Füsse?
Für die Mitte ist diese Situation unangenehm. Die Frage ist, ob alle, die abgesagt haben, auch abgesagt hätten, wenn es nur um die Wahl in den Bundesrat ginge und nicht um die Wahl ins VBS. Offenbar sind viele Politikerinnen und Politiker zum Schluss gekommen, dass es sich nicht lohnt, für den Einzug in die Landesregierung ihr aktuelles Leben aufzugeben. Das zeigen die Begründungen für die Absagen. Etliche Väter von jüngeren Kindern haben erklärt, dass sie jetzt nicht kandidieren können, denn ihre Kinder würden ihren Vater zu Hause brauchen. Das zeigt auch einen gewissen gesellschaftlichen Wandel.
Die Wahrscheinlichkeit, dass Markus Ritter als einziger offizieller Wahlvorschlag Unterstützung findet, ist schon gross.
Ihre Einschätzung: Wenn sich niemand mehr meldet, ist Ritter so gut wie gewählt?
Die Bundesversammlung kann wählen, wen immer sie will. Die Geschichte der Bundesratswahlen brachte schon öfter Überraschungen mit sich und es wurden schon öfter Personen gewählt, die nicht offiziell kandidiert haben oder deren Namen sehr kurzfristig gehandelt wurden. Es ist schwierig einzuschätzen, ob das in diesem Jahr wieder passieren wird. Doch die Wahrscheinlichkeit, dass Markus Ritter als einziger offizieller Wahlvorschlag Unterstützung findet, ist schon gross.
Das Gespräch führte Romana Kayser.