Nachhaltige Finanzanlagen sind hoch im Kurs: Aktienfonds zum Beispiel, die in klimaschonende Firmen investieren, verkaufen sich gut. Allein 2019 nahmen in der Schweiz die – als nachhaltig bezeichneten – Investitionen um 62 Prozent zu, bilanzierte unlängst der Verein Swiss Sustainable Finance SSF. Demnach ist hierzulande bereits ungefähr ein Drittel der Finanzanlagen – in der einen oder anderen Form – nachhaltig investiert. In absoluten Zahlen sind das 1163 Milliarden Franken.
Boom gut für die Banken
Das ist ein beachtlicher Betrag. Selbstverständlich erfreut dieser Nachhaltigkeits-Boom die Finanzbranche: Die Banken übertrumpfen sich derzeit gegenseitig mit neuen Angeboten in diesem Wachstumssegment, um daran zu verdienen.
Der Bundesrat betont nun in seiner Auslegeordnung zum Thema, er wolle der Branche helfen, die Schweiz international als nachhaltigen Finanzplatz zu positionieren. Das leuchtet ein. Denn schliesslich hat sich die Regierung – mit Blick auf die Klimaerwärmung – zum Ziel einer CO2-neutralen Schweiz bis ins Jahr 2050 bekannt, wie viele andere Staaten und namentlich auch die EU.
Gefahr von «Greenwashing»
Doch – anders als etwa die EU – geht die Schweiz nicht voran mit der Entwicklung klarer Kriterien zur Beurteilung nachhaltiger Produkte. Denn eine eindeutige Definition, was nachhaltig ist und was nicht, fehlt trotz Boom noch immer. Die hiesigen Behörden und Experten räumen ein, die Gefahr des «Greenwashing» sei real. Das Problem: Schnell einmal erscheinen Finanzanlagen grüner und sozialverträglicher, als sie sind.
Die EU will Klärung schaffen. Sie feilt an einheitlichen Nachhaltigkeitskriterien, einer sogenannten Taxonomie. Diese soll binnen weniger Jahre in der EU als verbindlicher Rahmen eingeführt werden. Demgegenüber überlässt es die Schweizer Regierung der EU – sowie den privaten Anbietern – das Feld abzustecken. Der Bundesrat positioniert sich lediglich als wohlmeinender Beobachter.
Kundschaft ist gefordert
Dass der Bund so zurückhaltend ist und keine neuen Vorschriften machen will, erfreut die Finanzbranche. Nichtregierungsorganisationen wie Greenpeace dagegen sind enttäuscht und sprechen von einer verpassten Chance für den Klimaschutz.
Für die Kundinnen und Kunden bedeutet dies: Sie müssen selber Verantwortung übernehmen, indem sie sehr genau hinschauen und kritisch nachfragen, wenn sie – als nachhaltig etikettierte – Finanzanlagen kaufen. Sich allein auf die guten Absichten der Anbieter zu verlassen, wäre naiv.