Dem wissenschaftlichen Rat OcCC gehören acht prominente Forscher verschiedener Wissenschaftsdisziplinen an. Bereits 2012 habe das Gremium dem Bundesrat gesagt, es brauche eine Strategie, wie die Schweiz ihre CO2-Emissionen bis 2050 auf null bringen könne, sagt die OcCC-Vorsitzende Alt-Nationalrätin Kathy Riklin (CVP). Drei Jahre später wurde dieses Ziel ins Pariser Klimaabkommen aufgenommen.
Nun möchte das Gremium dem Bundesrat helfen, dieses schwierige Ziel zu erreichen. «Das ist eine Herkulesaufgabe, und da wollen wir eigentlich als Thinktank helfen, dieses Ziel zu erreichen.» Eigentlich, denn: «Wir haben keinen direkten Draht mehr zu Bundesrätin Sommaruga. Wir haben mehrmals versucht, ein Treffen mit ihr zu vereinbaren. Das ist uns nicht gelungen.»
Uvek arbeitet am Auftrag für das OcCC
Sommarugas Departement, das Uvek, will von einer unterbrochenen Leitung nichts wissen. Die Medienabteilung schreibt auf Anfrage von SRF, die Bundesrätin habe Mitglieder des OcCC im November 2019 getroffen und das UVEK arbeite am künftigen Auftrag für das OcCC.
Riklin und das OcCC wollen eine Stimmung nutzen, die in den letzten Wochen aufgekommen ist. Die Coronakrise habe gezeigt, zu was die Gesellschaft fähig sei, und das könne doch auch fürs Klima gelten.
Und der Bundesrat hat – zwar nach anfänglichem Zögern – eine wissenschaftliche Corona-Task-Force eingerichtet, die ihn berät. «Nach dieser Pandemiestarre ist es der Moment, die Chance zu packen» und beim Klimaschutz dringend nötige Schritte vorwärts zu machen.
«Selbstverständlichkeiten sind aufgelockert»
Robert Unteregger, Mitgründer und Geschäftsführer der Stiftung Zukunftsrat, sieht das ähnlich. «Ich denke schon, dass jetzt eine günstige Zeit ist, weil die Selbstverständlichkeiten etwas aufgelockert sind. Wir haben gesehen, dass es geht, wenn Handlungsbedarf in ausserordentlicher Weise besteht.»
Unteregger wirbt seit Langem für die Einrichtung von Zukunftsräten bei Bund und Kantonen. Sie sollen prüfen, ob diskutierte Gesetze die Interessen späterer Generationen berücksichtigen. Solche Anliegen haben durch die Covid-Krise Auftrieb bekommen. Aber Fortschritte werden nicht automatisch kommen. Das sind sich Robert Unteregger und Kathy Riklin bewusst.
Keine einheitliche politische Reaktion
Der Klimaforscher Reto Knutti von der ETH Zürich hat sich als Klima-Kommunikator einen Namen gemacht. Er sagt es so: «Es ist sicher nicht offensichtlich, dass wir jetzt andere Krisen mit derselben Energie, Effizienz und Solidarität lösen können. Die Probleme im Klimawandel sind langfristig und wir sind uns vielleicht einig, was die Fakten sind, aber nicht, wie wir darauf politisch reagieren sollen.»
Riklin wünscht sich, dass das Klima-Beratergremium des Bundesrats in Zukunft eine offensivere Rolle einnehmen kann.«Es braucht ein Gremium, das in Ruhe gute Ideen entwickeln kann – vielleicht auch verrückte Ideen – und dann die politische Debatte auslöst.»
Modell aus Deutschland?
In Deutschland hat Kanzlerin Angela Merkel ein Gremium dieser Art zur Seite, den wissenschaftlichen Beirat globale Umweltveränderungen. Dieser Thinktank darf auch Gutachten verfassen, die für die Regierung unangenehm sind und sie medial prominent vermarkten.
Bedenkenswert wäre das auch für das OcCC, findet Klimaforscher Knutti. «Es könnte ein Modell sein, das hilft, die Situation neu zu reflektieren und einzuschätzen.»