Wer einen Zigarettenstummel oder eine Getränkedose auf den Boden wirft, wird im Kanton Thurgau aktuell mit 50 Franken gebüsst. Das soll sich ändern: Eine parlamentarische Initiative der SVP, die Litteringbussen auf 300 Franken zu versechsfachen, wurde im Kantonsparlament gutgeheissen.
Grüne und SVP einer Meinung
Im Grossen Rat fanden die SVP-Bestrebungen Anklang. Mitinitiant und Landwirt Urs Schär erzählte, was er beim Mähen der Wiesen alles findet: Aludosen, Essensverpackungen und so weiter. «So kann das doch nicht weitergehen», schloss er ab. Unterstützung gab es auch von den Grünen, der Mitte, der EVP oder der EDU.
Anders sah es die FDP. Michèle Strähl meinte, es gebe bereits ein Litteringgesetz und einen Bussenkatalog. Man müsse das Gesetz einfach umsetzen: «Meine Beobachtungen zeigen, dass insbesondere bei kleineren Verstössen weggeschaut wird. Von der Bevölkerung, aber auch von der Polizei.»
Auch die GLP sprach sich gegen höhere Bussen aus. Diese würden nichts bringen, weil man die meisten Leute, die Abfall auf den Boden werfen, sowieso nie erwische. Schon vorgängig gegen höhere Litteringbussen war die Thurgauer Regierung.
Nationalrats-Ja zu nationaler Lösung
Eine einheitliche nationale Regelung gibt es bislang nicht. Im Mai debattierte der Nationalrat über das Umweltschutzgesetz für mehr Kreislaufwirtschaft und landesweite Litteringbussen. Hier stellte sich die SVP dagegen mit der Argumentation: «Wer soll das kontrollieren?»
Auch Umweltminister Albert Rösti war gegen ein nationales Verbot. Er plädierte dafür, die Sache von den Kantonen regeln zu lassen. Vergeblich, denn der Nationalrat sprach sich für eine landesweite Regelung aus. Die Vorlage geht nun an den Ständerat.
Führen höhere Bussen zu weniger Littering?
Eine nationale Lösung liegt allerdings in der Schwebe. Auch darum drückt der Kanton Thurgau auf ein kantonales Regime. Bereits Erfahrungen mit Bussen über 300 Franken macht der Kanton Aargau seit vier Jahren.
Die Folgerung im Aargau: Die Praktikabilität gestaltet sich schwierig. Ob höhere Bussen zu weniger Abfall führen, kann die zuständige Behörde auf Anfrage von «Schweiz aktuell» nicht sagen.
Bei kleineren Vergehen habe die Polizei Hemmungen, einem Jugendlichen eine hohe Busse zu erteilen, hiess es in der Vergangenheit. Deshalb stand vor zwei Jahren zur Debatte, den Betrag wieder auf 100 Franken zu reduzieren. Die Politik hielt jedoch dagegen, die 300 Franken blieben.
In der Stadt Zürich kostet Littering 120 Franken. Eine hohe Busse alleine helfe nicht, heisst es da. Die Stadt setze darum auf Kampagnen. Aber auch in Zürich ist unklar, ob eine Busse weniger Littering zur Folge hat.
Flickenteppich bei Litteringbussen
Im Kanton Thurgau nahm die Bussenerhöhung nun also eine weitere Hürde. Nach der Zustimmung durch den Grossen Rat muss eine Parlamentskommission die Gesetzesänderung ausarbeiten. Danach befindet das Kantonsparlament definitiv.
Mit 300 Franken wäre Thurgau mit Aargau und Uri schweizweiter Spitzenreiter. Viele Kantone, zum Beispiel St. Gallen oder Freiburg, erheben 50 Franken. In Appenzell Ausserrhoden wird Littering gar nicht gebüsst, in Zürich oder in Bern ist die Busse 80 Franken.
Ein Spezialfall ist unter anderem Schwyz. Dort gibt es unterschiedliche Tarife. Wird der Abfall in bewohntem Gebiet weggeworfen, kostet es 80 Franken. Littering auf Grünflächen oder in Wäldern hingegen kostet 250 Franken.