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Littering an Festivals Warum lassen Menschen ihren Abfall liegen? Ein Experte ordnet ein

Robert Tobias hat zu psychologischen Massnahmen gegen Litteringverhalten geforscht und erklärt die Verhaltensmuster.

An diesem Wochenende finden mit dem Heitere-Open-Air in Zofingen, der Street Parade in Zürich oder auch dem Buskers in Bern sommerliche Grossevents statt. Wo viele Menschen feiern, wird auch viel Abfall zurückgelassen, wie die Bilder vom Openair Frauenfeld (OAFF) vom Juli zeigen. Doch wieso lassen Menschen ihren Abfall zurück?

Zur Einordnung: Littering kann viele Formen annehmen (siehe Box). Das Paradebeispiel an Festivals ist sogenanntes Party-Littering. Überraschend ist: Dahinter könnte auch Absicht liegen – nämlich «um der Nachwelt zu zeigen, wie man gefeiert hat – oder jene aufräumen zu lassen, denen man viel Geld gegeben hat.» Das sagt der Sozialpsychologe der Universität Zürich, Robert Tobias. Er hat zu psychologischen Massnahmen gegen Litteringverhalten geforscht.

Littering-Formen, Kosten und Definition

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Beispiele zu Littering-Formen laut Robert Tobias:

  • Party-Littering: In einer ausgelassenen Stimmung erzeugen Feiernde grosse Unordnung, teilweise absichtlich, zum Beispiel als Protest gegen Normen oder als Zeichen der «Qualität der Party».
  • Picknick-Littering: Die Personen lassen Abfall liegen, der bei einem längeren Aufenthalt an einem Ort entstanden ist.
  • Zigaretten-Littering: Menschen werfen kleinste Abfallmengen – insbesondere Zigarettenstummel – weg.

Littering «bezeichnet das Wegwerfen oder Liegenlassen kleiner Mengen Siedlungsabfall, ohne dabei die bereitstehenden Entsorgungsstellen zu benutzen» (Bundesamt für Umwelt, 2011).

Kosten: 200 Millionen Franken – so viel kostet Littering gesamtschweizerisch pro Jahr. 150 Millionen fallen im öffentlichen Raum an, die restlichen 50 Millionen im öffentlichen Verkehr. Für die Berechnung wurden nur direkte Kosten berücksichtigt. Folgekosten wie Verletzungen oder Schäden an der Umwelt wurden nicht miteinbezogen (Bundesamt für Umwelt, 2019).

Nun hängt die Ursache von Littering von seiner Form ab. Das Problem soll also auch über Festivalgrenzen hinweg angeschaut werden. Ein Experiment aus dem Jahr 2019 zum Picknick-Littering im Zürcher Irchelpark, das von Tobias' Team zusammen mit dem Campus-Betriebsdienst durchgeführt wurde, ergab, dass die Parkbesucher oft keine Lust hatten, bis zum nächsten Abfalleimer zu gehen.

Wie kann Littering reduziert werden? Dazu gibt es zwei Fakten, die wissenschaftlich breit abgestützt sind:

  • Wenn bereits Abfall herumliegt, sinkt die Hemmschwelle, noch mehr Abfall liegenzulassen.
  • Je mehr und je günstiger Abfalleimer platziert sind, desto geringer ist das Littering.

Da Menschen oft absichtlich – zum Beispiel beim Party- oder Picknick-Littering – den Müll liegen lassen, haben viele Gemeinden und Kantone bereits strikte Massnahmen verhängt: Bussen. Zum Beispiel kostet Littering im Kanton Schwyz in Wohngebieten 80 und in der freien Natur 250 Franken.

Video
Archiv: Die Schweiz hat ein Litteringproblem
Aus 10 vor 10 vom 12.07.2022.
abspielen. Laufzeit 4 Minuten 6 Sekunden.

Bussen verteilen ist eine Möglichkeit, um Menschen von Littering abzubringen, aber nicht die einzige. Denn Abfallsünderinnen sind sich der Konsequenzen ihres Verhaltens oft gar nicht bewusst.

Wer ist schuld – Alter oder Generation?

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Schon in den 1960er-Jahren begann in der Psychologie das Forschen zu Littering. Schon damals waren es eher die Jugendlichen, die Litteringverhalten zeigten. Da auch heute noch vermehrt jüngere Menschen Littering betreiben, glaubt Sozialpsychologe Robert Tobias nicht, dass sich das Litteringverhalten über die Zeit stark verändert hat. Seiner Meinung nach liegt es mehr am Alter als an der Generation.

An dieser Erkenntnis setzte das Irchelpark-Experiment an. Littering konnte nämlich beeinflusst werden, indem seine Konsequenzen aufgezeigt wurden. Anders gesagt: Menschen lassen weniger Güsel liegen, wenn auf Schildern illustriert wird, dass sich Menschen und Tiere daran verletzen können.

Wenn allerdings darauf hingewiesen wurde, dass die meisten Menschen keinen Müll liegen lassen und dieses Verhalten auch nicht mögen, gab es deutlich mehr Littering. Würden die Studienergebnisse in Zukunft bestätigt, so «fühlten sich die Leute vermutlich durch die Schilder unter Druck gesetzt und haben deshalb absichtlich dagegen gehandelt», so Tobias.

Littering ist eines der Verhalten, das mit psychologischen Massnahmen bis jetzt am wenigsten verändert werden konnte.
Autor: Robert Tobias Sozialpsychologe

Auch das Bundesamt für Umwelt (Bafu) rät, keine Massnahmen gegen Littering durchzusetzen, welche das Narrativ «Abfall gehört in den Müll» beinhalten. Obwohl ein Effekt feststellbar war, relativiert der Sozialpsychologe: «Littering ist eines der Verhalten, das mit psychologischen Massnahmen bis jetzt am wenigsten verändert werden konnte.»

Tobias' grösste Sorge sind Zigarettenstummel. Gemessen an der Anzahl und der Toxizität seien sie am schlimmsten. Laut Zero Littering verschmutzt eine Zigarettenkippe bis zu 60 Liter Wasser.

Um dieses Problem zu lösen, gäbe es positive Ansätze wie den Taschen-Aschenbecher. Laut Robert Tobias müsste da mehr getan werden: «Jeder weggeworfene Zigarettenstummel scheint etwas Kleines zu sein. Aber in Anbetracht aller Menschen ist es sehr viel.»

Bafu zu Littering: Es braucht Schulterschluss

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Als Reaktion auf eine Studie (2021) zum Abfall an Schweizer Gewässern schreibt das Bafu: «Die Studie ist Ausgangspunkt für das Bafu und andere Akteure wie Kantone und Gemeinden, um die Abfallvermeidung an Gewässern breit aufzustellen. Die Uferbesuchenden sind eine Verursachergruppe von vielen. Somit zeigen Anti-Littering-Massnahmen sicher ihre Wirkung. Doch selbst wenn Flaschen, Zigaretten & Co. korrekt in Abfalleimern landeten, würde laut der Studienautoren immer noch 64 Prozent des Abfalls am Ufer übrigbleiben.

Darunter wären etwa Wattestäbchen, die fälschlicherweise über die Toilettenspülung entsorgt wurden, oder Baufolien, die vom Wind davongetragen wurden. Das Wissen darüber, was alles an den Ufern liegt, gibt Orientierung für neue Massnahmen. Dafür müssen unterschiedliche Interessengruppen mit ins Boot geholt werden. Langfristig will das Bafu die besten Hebel finden, um diese Abfälle zu verringern.»

Regionaljournal Bern Freiburg Wallis, 02.08.2022, 16:30 Uhr

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