Die Wahlcouverts bei den Nationalratswahlen werden immer dicker, weil es immer mehr Listen mit immer mehr Kandidierenden gibt. Dieser Trend hält schon einige Jahre an und scheint sich auch bei den bevorstehenden Wahlen im Herbst zu bestätigen.
Vor vier Jahren waren es um die 4600 Kandidierende bei den Nationalratswahlen und bereits damals ein Viertel mehr als im Jahr 2015. Gemäss Michael Erne, Projektleiter von Smartvote, sind aktuell bereits weit über 4000 Kandidierende gemeldet. Am Schluss dürften es wohl deutlich über 5000 Kandidaturen sein. Das wäre dann ein neuer Rekord in der Geschichte der Nationalratswahlen.
Taktisches Vorgehen
Hinter den vielen Listen steckt folgende Strategie: Neben der Hauptliste, die mit den Namen der Amtierenden sowie anderen bekannten Kandidatinnen und Kandidaten ausgestattet ist, stellen die Parteien weitere Listen zusammen. Beliebt sind beispielsweise Frauenlisten oder Listen nach bestimmten Regionen. Diese weiteren Listen sammeln ebenfalls Stimmen, die der ganzen Partei zugutekommen. So erhoffen sich die Parteien durch mehr Listen und Kandidierende mehr Stimmen.
Vor vier Jahren ist diese Taktik bei der damaligen CVP Aargau erfolgreich aufgegangen. Sie füllte ganze neun Listen und ergatterte damit einen zusätzlichen Sitz. Diesen vielversprechenden Schachzug wollen nun auch die Grünliberalen im Kanton Aargau anwenden. 128 Kandidierende finden sich auf acht Listen.
Beat Flach, einziger GLP-Nationalrat aus dem Kanton Aargau, erhofft sich durch die Listenflut, dass seine Partei einen zweiten Sitz im Nationalrat ergattern kann. «Wenn alle auf diesen Listen ein bisschen ihr Umfeld angehen, dann hätten wir relativ viele zusätzliche Stimmen», sagt Flach. Mit acht Listen stosse man aber wohl an eine Grenze, erklärt Flach.
Vieles bleibt Spekulation
Egal, mit wie vielen Listen und Kandidierenden die Parteien in den Wahlkampf treten, zu vergeben gibt es am Schluss jedes Mal 200 Sitze im Nationalrat. Bis heute gibt es keine wissenschaftliche Untersuchung, die bestätigen kann, dass diese Taktik mit den vielen Listen und Kandidierenden tatsächlich funktioniert.
Wenn es aber die eine Partei tut, will es die andere nicht lassen – und so steigt die Listenflut von Wahl zu Wahl. Die Alternative wäre, die Listenanzahl zu beschränken oder nur die Hauptliste zuzulassen, aber bis jetzt fanden solche Vorschläge politisch keinen Anklang.