Das letzte halbe Jahr hat Bruno Koch gezeichnet. Der Bauer geht gebückt, spricht langsam und wirkt müde. Es ist der Gedanke an den 1. August, der ihm viel Energie raubt. An diesem Tag werden er und seine Familie ihr Zuhause für immer verlassen müssen. Den Ort, den seine Frau Marietta «unser kleines Paradies» nennt.
Rutsch ging bis knapp unter den Hof
Der Seebli-Hof der Familie Koch liegt auf der Luzerner Seite des hügeligen Napfgebiets – abgelegen auf knapp 1000 Meter über Meer.
Am 14. Dezember 2023 rutschten hier, unterhalb des Hofes, eine gute Million Kubikmeter Erde ab. Müsste man dieses Material abtransportieren, bräuchte man bis zu 25'000 Güterwaggons. Der Boden hatte sich während des tagelangen Regens so lange mit Wasser vollgesogen, bis er nachgab.
«Es hat gekracht, Bäume sind zerborsten und ganze Erdbrocken haben sich überschlagen», erinnert sich Bruno Koch. Er habe nur hilflos zusehen können, wie der Riss in der Erde ihrem Haus und der Scheune immer nähergekommen ist. Der Rutsch hielt zwar kurz vor dem Hof an, doch der Untergrund bleibt bis heute instabil.
Abrupter Schluss nach über 35 Jahren
Dass die Erde weiterhin in Bewegung ist, sieht man auch der Scheune und dem Bauernhaus an. Es ziehen sich Risse durch den Boden und die Wände hoch. Unheimlich sei das, sagt Marietta Koch. «Die ersten Risse habe ich im unteren Stock entdeckt, später auch oben.»
Die Lage ist ernst, dieser Meinung sind die Spezialisten des Kantons Luzern. Sie haben entschieden, dass die Familie Koch in ihrem Zuhause nicht mehr sicher ist. Schon jetzt müssen sie auswärts schlafen gehen.
Bruno und Marietta Koch hatten den Hof Seebli vor über 35 Jahren übernommen und darauf ihre drei Kinder grossgezogen. Die Familie investierte viel in den Betrieb, modernisierte und erweiterte ihn. In zwei Monaten ist Schluss damit. Die Familie muss ausziehen, Haus und Stall werden abgerissen. «Es wird ein grosser Teil unseres Lebenswerks fehlen», sagt Bruno Koch.
Aktuell sei er dran, die Kühe zu verkaufen. Unter ihnen auch solche, die schon über 15 Jahre auf dem Betrieb sind. «Die kennen hier jeden Hügel und wissen, wo die guten Kräuter wachsen», sagt der Bauer. «Wir suchen neue Besitzer, die auch Freude haben an den Tieren.»
Schwierige Suche nach neuem Hof
Eine andere Lösung als den Wegzug und den Abriss gebe es nicht, versichert Viktor Schmidiger, der beim Kanton Luzern für Naturgefahren verantwortlich ist. «Es ist nur eine Frage der Zeit, bis sich die Abbruchkante weiter bis unter den Hof frisst und dieser mit abrutschen wird.»
Den Hang zu sichern, sei unmöglich. Dafür ist zu viel Erde in Bewegung: «Die Stützen würden unter dieser Last wie Zündhölzer wegbrechen», sagt Schmidiger.
Wegen dem vom Kanton Luzern verordneten Umzug sind die Behörden nun in der Pflicht, Ersatzland für die Familie Koch zu finden. Einfach sei das nicht, obwohl sie schon einige Angebote erhalten hätten. «Leider nicht in der Grösse und in dem Umfang, dass es eine faire Lösung wäre für die Familie Koch.» Wie viel das den Kanton kosten wird, sei noch nicht klar, so Schmidiger.
«Ich hoffe auf einen Hof, auf dem wir wieder glücklich werden können», sagt Bruno Koch dazu. Vor allem aber müsse der neue Ort ihrem Sohn Sämi gefallen. Dieser hätte das Seebli in zwei Jahren übernommen.