Bei einem extremen Hochwasser, wie es alle 100'000 Jahre vorkommen könnte, würden die Gelände der Atomkraftwerke Gösgen und Beznau gut einen Meter unter Wasser stehen. Das zeigen die Daten der Studie «Extremhochwasser an der Aare», welche heute veröffentlicht wurde.
Trotzdem sagt der Direktor des Eidgenössischen Nuklearsicherheitsinspektorats (Ensi), Marc Kenzelmann: «Die Kernkraftwerke sind sicher.»
Link zur Studie
Denn die Betreiber hätten bereits nach der Katastrophe von Fukushima Hochwasser-Nachweise für ein 10'000-Jahre Hochwasser liefern müssen und auch den damals beschlossenen EU-Stresstest für die AKW bestanden. Die Reaktorgebäude und die Notstandssysteme seien bereits jetzt so geschützt, dass auch mehrere Meter Hochwasser dort nichts Schlimmes anrichten würden. So weit, so gut für die Betreiber.
Neue Sicherheitsnachweise
Doch der Ensi-Chef sagt auch: «Wir haben bislang den Bereich von gewissen morphologischen Prozessen wie der Erosion weniger untersucht.» Diese Prozesse müssten nun aufgrund der Datenlage, die die neue Studie generiert habe, vertieft und standortspezifisch angeschaut werden.
Das heisst für die Betreiber: «Wir werden von den Betreibern fordern, dass sie aufgrund der neuen Datenlage nochmal einen Hochwasser-Sicherheitsnachweis erbringen. Das ist auch gesetzlich so festgelegt.» Und dabei die neusten Daten zu möglichen Hangrutschen, zur Ufer-Erosion oder Schwemmholz mit einbeziehen.
Laut Kenzelmann erhalten die Betreiber die entsprechende Verfügung in wenigen Tagen. Man warte nun auf diese Verfügung, sagt Antonio Sommavilla von der Beznau-Betreiberin Axpo: «Wir werden die neuen Erkenntnisse analysieren und entsprechend umsetzen.»
Ähnlich tönt es beim Kernkraftwerk Gösgen und auch bei der BKW, welche zwar ihr Atomkraftwerk Mühleberg letztes Jahr abgestellt hat, aber noch vier Jahre lang hochradioaktives Material auf dem Gelände lagert, welches – so sagt die Studie – bei einem extremen Hochwasser ebenfalls einen Meter unter Wasser stehen würde.
Dass die Atomkraftwerke einen zusätzlichen Sicherheitsnachweis erbringen müssen, findet Simon Banholzer von der atomkritischen Schweizerischen Energie-Stiftung (SES) grundsätzlich gut. Doch man müsse in diesem Zug auch die Gefahr von möglichen Verstopfungen durch Geröll, Schlamm und ähnlichem um das Kernkraftwerk herum untersuchen.
Auch Staumauern werden neu untersucht
Diese Gefahr sei zwar teils für relativ unwahrscheinlich eingestuft worden, sagt Banholzer. Trotzdem gebe es die Möglichkeit, dass es an mehreren Orten gleichzeitig Verstopfungen gebe. «Dann könnte das Hochwasser lokal für das Kraftwerk viel höher sein als in der Umgebung. Das sind Dinge, die man auch einbeziehen sollte, wenn man den Nachweis aktualisiert.»
Die neuen Sicherheitsnachweise sollten in einigen Monaten vorliegen, sagt Ensi-Direktor Kenzelmann. Die Extremhochwasser-Studie hat noch weitere Folgen: Zusätzlich zu den Atomkraftwerken werden nun auch die Staumauern im Einzugsgebiet der Aare erneut untersucht – auch sie müssen nun einen neuen Sicherheitsnachweis liefern, gab das Bundesamt für Energie heute bekannt.