Ohne Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger wäre der Mangel noch schlimmer. Das Modell von Lehrpersonen ohne Diplom macht bereits in mehreren Kantonen Schule. Im Kanton Bern unterrichten bereits rund 1500, im Kanton Zürich starteten diesen Sommer 530 Lehrpersonen ohne Diplom ins Schuljahr.
In Zürich ermöglicht man auch Personen ohne Matura oder Hochschulabschluss den Zugang zu einem Studium an der Pädagogischen Hochschule – man probiert vieles, um dem Lehrermangel entgegenzuwirken.
Zu zweit eine Vollzeitstelle besetzen
Innovativ zeigt sich die Pädagogische Hochschule Thurgau (PHTG). Dort soll neben dem Quereinstieg ab Herbst 2023 auch die sogenannte «Berufsintegrierte Studienvariante» möglich sein. Das teilt die PHTG am Dienstag mit.
Die «BiSVa» richtet sich an Studierende der Kindergarten-Unterstufe und Primarstufe. Damit sollen Studierende die Möglichkeit haben, sich im Tandem, zusammen mit einer anderen Studentin oder einem anderen Studenten, eine Stelle als Klassenlehrperson zu teilen.
Richtiger Lohn schon während dem Studium
Die Studierenden werden dann von einer Thurgauer Schulgemeinde mit je 50 bis 70 Stellenprozenten angestellt, befristet auf zwei Jahre. In dieser Zeit werden sie weiterhin von der PHTG begleitet und besuchen weiterhin Lehrveranstaltungen. Und: Entsprechend der Anstellung wird auch ein Lehrerlohn bezahlt.
«Die Studierenden kommen mindestens ein Tag pro Woche zurück an die PH, wo sie Probleme und Herausforderungen sogleich den erfahrenen Dozenten schildern können», sagt Matthias Fuchs, Prorektor Lehre an der PHTG. Die Resonanz der Schulgemeinden sei sehr gut. Wichtig sei, die Stellen überhaupt besetzen zu können.
Viele verlassen den Kanton nach der Ausbildung
Durch die neue Studienvariante soll auch einem weiteren Problem entgegengewirkt werden: der Abwanderung. Laut Fuchs nehmen etwa ein Viertel aller Studierenden der PH direkt nach Abschluss der Ausbildung eine Stelle in einem anderen Kanton an. «Ich kann mir vorstellen, dass die befristete Stelle nach zwei Jahren nicht einfach aufgelöst wird. Darin steckt das Potenzial, dass die jungen Lehrpersonen dem Thurgau erhalten bleiben.»
Ob die Quereinstieg- oder die berufsintegrierte Variante – neue Möglichkeiten für pädagogische Studierende sind über die Kantone hinaus verbreitet. Der Wettbewerb untereinander habe sich in den letzten Jahren verstärkt, sagt Matthias Fuchs: «Bei diesem akuten Lehrpersonenmangel hat jede Pädagogische Hochschule von der Politik den Auftrag, möglichst viele Leute auszubilden.»
Wenn man die Vorgaben der verschiedenen Hochschulen anschaue, frage man sich schon, woher all diese Leute kommen sollen, so Fuchs weiter. «Gerade wir im Thurgau müssen mit der Nähe zu Deutschland besonders darauf achten, dass die Leute zu uns kommen.» Mit der neuen Studienvariante ist ein weiterer Schritt getan.