Frauen, die sich um ihre bettlägerigen Ehemänner kümmern. Ehemänner, die ihre dementen Ehefrauen pflegen – die Pflege durch Angehörige ist ein wichtiger Teil unseres Gesundheitssystems und entlastet Pflegeheime oder Spitex.
Seit 2019 können Angehörige für die Pflege ihrer Nächsten bezahlt werden. Abgerechnet wird über die Krankenkasse. Doch um den Lohn zu erhalten, muss man sich einer Spitex oder einer Spitex-ähnlichen Organionisation anschliessen und sich von dieser anstellen lassen.
Und diese Firmen kassieren kräftig mit an diesem Care-Modell. Verschiedene Unternehmen machen denn auch auf verschiedenen Kanälen Werbung für ihre Dienste. Zum Beispiel die Firma Pflegewegweiser. Auf Anfrage von SRF gibt Pflegewegweiser an, dass Angehörige, die Grundpflege leisten, einen Stundenlohn von 37.90 Franken brutto erhielten.
Wir stellen fest, dass solche Firmen richtiggehend auf den Markt drängen.
Die Krankenkasse wiederum zahle Pflegewegweiser einen Betrag von 52.60 Franken pro Stunde und Angehöriger. Dazu kommt noch ein Beitrag der Wohngemeinde über die sogenannte Restkostenfinanzierung. Dieser Betrag variiert von Kanton zu Kanton. Insgesamt beliefen sich die Vergütungen für eine geleistete Pflegestunde laut Pflegewegweiser auf 70 bis 90 Franken pro Stunde und Person.
«Wir stellen fest, dass solche Firmen richtiggehend auf den Markt drängen», sagt Regula Meschberger, Präsidentin des Verbands Basellandschaftlicher Gemeinden VBLG. Und diese bekommen die Gemeinden zu spüren.
Beispiel Allschwil: Die grösste Baselbieter Gemeinde zahlte 2019 noch rund 240'000 Franken als Restkostenfinanzierung an die Angehörigenpflege. 2023 war es bereits fast dreimal soviel, nämlich rund 620'000 Franken.
Dass Angehörige für ihre Care-Arbeit entschädigt werden, sei richtig, betont Meschberger. «Diese Arbeit ist enorm wichtig. Aber dass sich das Ganze nun zu einem Geschäftsmodell entwickelt, an dem private Organisationen sehr gut verdienen, kann nicht sein und dagegen wehren wir uns.»
Dass viele Firmen teils aggressiv Werbung dafür machen, ist ein Zeichen, dass relativ viel Geld zu holen ist.
Die Geschäftsmodelle von Pflegewegweiser und Co sind auch Thema im Baselbieter Kantonsparlament. So fordert SVP-Landrat Stefan Meyer von der Regierung, dass diese die Tarifmodelle anpasst. «Rechtlich ist dieses Geschäftsmodell legitim. Aber dass viele Firmen teils aggressiv Werbung dafür machen, ist ein Zeichen, dass relativ viel Geld zu holen ist.»
Andere Gemeinden wie Frauenfeld oder Luzern hätten bereits reagiert und die Tarifmodelle angepasst, respektive die Restkostenfinanzierung an solche Organisationen ganz gestrichen. Wie der Kanton Baselland reagiert und die Tarife anpasst, ist noch offen. Zwei Vorstösse zum Thema sind noch bei der Regierung hängig.
Pflegewegweiser: «Investieren in Qualität und Ausbildung»
Pflegewegweiser weist Vorwürfe zurück, man würde mit der Angehörigenpflege das grosse Geschäft machen. Mit den Einnahmen decke man nicht nur die Löhne, sondern investiere in die Qualität und Ausbildung von Pflegenden, schreibt Pflegewegweiser.
«Mit unserem Fokus auf Qualität statt auf kurzfristigen Profit leisten wir einen entscheidenden Beitrag zur Entlastung pflegender Angehöriger und zur Stärkung der Pflegeversorgung in der Schweiz.» Zudem leiste man Aufklärungsarbeit, weil viele Angehörige nicht wüssten, dass sie für ihre Arbeite Anrecht auf eine Entlöhnung hätten.