Am 13. Juni lehnte die Stimmbevölkerung die Totalrevision des CO2-Gesetzes denkbar knapp mit 51.59 Prozent ab. Doch der Kampf gegen den Klimawandel bleibt ein zentrales Thema im politischen Bern.
Heute nun stand im Nationalrat eine parlamentarische Initiative zur Verlängerung des Reduktionsziels im geltenden CO2-Gesetz zur Debatte. Das Ziel: Die dort vor vorgesehenen Massnahmen sollten bis Ende 2024 weiter laufen. Der grosse Wurf beim Klimaschutz war also nicht zu erwarten. Nichtsdestotrotz entfaltete sich eine klimapolitische Grundsatzdebatte im Rat.
Eingangs der Debatte wurde zunächst einmal Vergangenheitsbewältigung betrieben. Diverse Räte warfen die Frage auf, welche Kröte für das Volk beim Urnengang im Sommer unverdaulich war: das Ende der Ölheizungen, die Erhöhung des Benzinpreises, die CO2-Abgabe auf Flugtickets? Der Tenor: Das Fuder wurde offensichtlich überladen.
Es braucht jetzt auch klare Signale von der Politik, wie wir vorgehen wollen.
Für Umweltministerin Simonetta Sommaruga war das Nein des Volkes vom 13. Juni «kein Nein zum Klimaschutz.» Deswegen halte der Bundesrat unverändert am Ziel der Halbierung des CO2-Ausstosses bis 2030 und am Netto-Null-Ziel bis 2050 fest. Viele Unternehmen hätten sich selbst ambitionierte Ziele gesetzt. «Es braucht jetzt auch klare Signale von der Politik, wie wir vorgehen wollen.»
Martina Munz (SP/SH) sekundierte: «Nichtstun könnte uns teuer zu stehen kommen.» Die knappe Ablehnung des CO2-Gesetzes sei kein grundsätzliches Nein zur Klimapolitik des Bundes gewesen. «Die Bevölkerung will die Wende, das zeigt auch das klare Abstimmungsresultat des Kantons Bern zum Klimaschutz.»
Die Berner Stimmbevölkerung sprach sich am Sonntag mit rund 64 Prozent dafür aus, einen Klimaartikel in die Kantonsverfassung aufzunehmen.
Mitte-Nationalrat Nicolo Paganini machte sich keine Illusionen: «Mit dem, was wir heute beschliessen, können wir das Gebäude Klimapolitik ganz bestimmt nicht fertigstellen – wir können es aber mindestens einigermassen bewohnbar halten.»
Grünen-Nationalrat Bastien Girod sprach sich für eine mutigere Klimapolitik aus. Er plädierte für ein Investitionsprogramm in klimafreundliche Technologien, statt vornehmlich über Verbraucherabgaben einen Wandel herbeizuführen. «Wir dürfen auch nach einem Nein nicht den Kopf in den Sand stecken.»
Selbstkritik im Rat
Kommissionsprecher Martin Bäumle (GLP/ZH) sagte, dass es nun zunächst eine Lösung brauche, damit die bisherigen Instrumente nahtlos weitergeführt werden könnten. Die Vorlage müsse schlank bleiben und sich auf bereits geltende Punkte konzentrieren, um ein erneutes Referendum zu verhindern.
Matthias Jauslin (FDP/AG) übte auch Selbstkritik: Das Parlament habe es verpasst, das Stimmvolk vom Nutzen des revidierten CO2-Gesetzes zu überzeugen. «Die vielfältigen Instrumente, die wir aus Überzeugung eingebaut haben, waren schwer vermittelbar. Der nächste Wurf muss daher Schadensbegrenzung sein und darf nur die wichtigsten Eckpunkte enthalten.»
SVP will Zuwanderung von CO2-Bilanz abziehen
Für SVP-Nationalrat Christian Imark macht sich die Schweiz in der Klimapolitik schlechter als sie ist: Denn der von Zuwanderern verantwortete CO2-Ausstoss dürfe in die Bilanz nicht eingerechnet werden, sondern solle ihren Heimatländern zugeschanzt werden.
Sommaruga bezeichnete eine solche «Volksphysik» als wenig zuträglich. Die Schweiz importiere auch Güter, die im Ausland produziert und dort angerechnet, aber hier konsumiert würden. «Diese Diskussion bringt uns keinen Schritt weiter.»