Zwar ist das Nein zum CO2-Gesetz noch nicht sehr lange her. Trotzdem drängt die Zeit. Die Sommermonate mit den Hochwasser-Unwettern und den Waldbränden sowie der neuste Bericht des UNO-Weltklimarates ipcc machen die Dringlichkeit deutlich. Wie weiter also in der Klimapolitik? UVEK-Vorsteherin Simonetta Sommaruga gibt in der «Samstagsrundschau» Antworten.
SRF: Reichen die nun vom Bundesrat vorgelegten Massnahmen, um die Ziele des Pariser Abkommens zu erreichen?
Simonetta Sommaruga: Die Pariser Klimaziele werden wir sicher nicht erreichen, wenn wir nichts machen, respektive, wenn wir jetzt noch jahrelang streiten werden. Darum hat der Bundesrat drei Monate nach der Abstimmung über das CO2-Gesetz neue Eckwerte festgelegt. Bis Ende Jahr soll ein Gesetz ausgearbeitet werden, welches in die Vernehmlassung gehen kann. Der Bundesrat will, dass es beim Klimaschutz vorwärtsgeht. Gleichzeitig nimmt er die Ergebnisse der Abstimmung zur Kenntnis.
Der Bundesrat will, dass es beim Klimaschutz vorwärtsgeht.
Der WWF behauptet: Die Ziele können so nicht erreicht werden, da braucht es mehr.
Wir haben am Freitag die Eckwerte präsentiert. Die verschiedenen Kreise müssen nun dazu Stellung nehmen. Wir haben zum Beispiel eine CO2-Abgabe, die weiterhin existiert. Da kommen über eine Milliarde Franken pro Jahr zusammen. Dann haben wir Anreize in dem neuen Gesetz, das wir vorsehen. Wir wollen aber auch die Mittel besser einsetzen. Das sind die Überlegungen des Bundesrates.
Der Bundesrat hält an den Klimazielen fest.
Nun präsentiert der Bundesrat etwas, wo man sich fragen muss, ob das mit dem Pariser Abkommen vereinbar ist. Nimmt der Bundesrat wirklich seine Verantwortung wahr?
Ja, selbstverständlich. Wir können aber nach einer abgelehnten Vorlage nicht einfach mit den gleichen Vorschlägen wiederkommen. Es ist aber klar: Die Bevölkerung hat mit dem Nein zum CO2-Gesetz Nein zu einzelnen Massnahmen gesagt. Hingegen Anreize verbessern, Mittel besser einsetzen: Diese Massnahmen wollen wir weiterführen. Der Bundesrat hält an den Klimazielen fest.
Die Umweltverbände sind enttäuscht, die SVP reagiert verhalten positiv. Geben Ihnen diese Reaktionen nicht zu denken?
Das war schon beim CO2-Gesetz so: Es gab immer Stimmen dafür und dagegen. Der Bundesrat interpretiert das Nein zum CO2-Gesetz anders. Die Bevölkerung will den Klimaschutz, sie will aber nicht das Gefühl haben, man werde bestraft oder es werde jetzt alles verboten. Darum setzt jetzt der Bundesrat auf Massnahmen, verzichtet aber auf Verbote und Abgaben.
Man kann nicht sagen, wir hätten nicht ausreichend kommuniziert und erklärt.
Wissenschaftler behaupten, dass die Bevölkerung das Funktionieren einer Lenkungsabgabe nicht verstanden hat. Der Politik sei es nicht gelungen, das entsprechend zu erklären. Kommunizierte der Bundesrat im Vorfeld der Abstimmung zu wenig?
Das Gesetz, welches im Juni abgelehnt worden ist, wurde drei Jahre im Parlament intensiv diskutiert. Man kann also nicht sagen, man habe nicht ausreichend kommuniziert und erklärt. Für mich ist etwas ganz wichtig: Wir müssen jetzt vorwärtsmachen. Jetzt jahrelang hin und her diskutieren bedeutet, dass wir die Klimaziele nicht erreichen können. Wenn wir jetzt diesen Weg einschlagen, wo wir einen Kompromiss erreichen können, wo wir die Leute unterstützen können, dann erreichen wir die Klimaziele rechtzeitig.
Wenn wir auf die Abgaben verzichten, dann frage ich mich, ob wir uns auch vom Verursacherprinzip verabschieden.
Das würde ich bestreiten, denn die Verfassung gibt nicht nur diese eine Möglichkeit, die Norm umzusetzen. Wir müssen jetzt sicherstellen, dass wir die Einnahmen aus der CO2-Abgabe direkt einsetzen können, um die Leute zu unterstützen. Da können wir dem Verursacherprinzip durchaus nachleben.
Das Gespräch führte Oliver Washington.