Das Parlament hat Stefan Blättler am Mittwoch zum neuen Bundesanwalt gewählt. Er ist damit der Nachfolger von Michael Lauber und soll wieder Ruhe in die Bundesanwaltschaft bringen. Wie er das schaffen will, erklärt er im Gespräch.
SRF News: Wie würden Sie sich selbst als Person beschreiben?
Stefan Blättler: Ich habe viel über mich gelesen, und habe gestaunt, was ich für eine Person sei. Ich bin ein nüchterner Mensch, der aber sehr gerne lacht und gerne mit der Familie etwas unternimmt. Ich bin kein Aktenfresser und auch kein Eisenfresser. Ich arbeite sehr gerne mit Menschen, und bin ein sehr ausgeprägter Familienmensch.
Ich bin kein Aktenfresser und auch kein Eisenfresser.
Korrekt seien Sie, hat man gelesen. Etwas trocken, aber dafür ohne Starallüren.
Wenn ich Star hätte werden wollen, dann hätte ich wohl das Metier verwechselt.
Die NZZ hat geschrieben: Der Bundesanwalt sei der unbeliebteste Top-Job in Bundesbern und mit Sicherheit der mit dem grössten Absturzpotenzial. Da fragt man sich: warum tun Sie sich das an?
Ich teile diese Qualifikation der NZZ nicht. Das ist eine hochinteressante Stelle. Natürlich ist die Erwartungshaltung der Öffentlichkeit und der Politik hoch. Es geht darum, dass ich dazu beitrage, dass die Bundesanwaltschaft arbeiten kann, Ergebnisse vorlegen kann, als Strafverfolgungsbehörde des Bundes Fakten schaffen kann, die so tragfähig sind, dass sie zu Anklagen führen.
Die Bundesanwaltschaft hat ein miserables Image in der Öffentlichkeit. Wie wollen Sie das ändern?
Durch gute Arbeit, Resultate, und ohne grossen Firlefanz zielgerichtet auf Anklagen hinarbeiten. Das wird meine Aufgabe sein, und die werde ich zusammen mit den Mitarbeitenden angehen.
In Sachen Geldwäscherei und Wirtschaftskriminalität hat man immer wieder das Gefühl, dass die Bundesanwaltschaft an den komplexen Fällen scheitere. Liegt es an der Kompetenz?
Das wird dann zur Debatte stehen, wenn ich im Januar bei der Bundesanwaltschaft beginne. Zuerst muss ich mir ein Bild machen, und das beginnt damit, dass ich mit den Mitarbeitenden spreche. Die ersten Monate werde ich mir die Zeit nehmen, mit den Leuten Bekanntschaft zu machen. Aus den Gesprächen erhält man enorm viele Feedbacks, was mir hilft, eine Gesamtbeurteilung vorzunehmen. Danach kann ich Ihre Frage beantworten.
Sie waren nie Staatsanwalt, haben nie als Ankläger gearbeitet, und jetzt werden Sie der oberste Ankläger des Bundes. Kein Problem?
Das ist eine Tatsache: Ich war nie bei einer Staatsanwaltschaft. Aber als Polizeikommandant sind Sie Chef einer Strafverfolgungsbehörde. Und gerade in den Kantonen ist es so, dass die Polizei sehr stark den Takt in der Kriminalpolitik angibt.
Meine Aufgabe sehe ich darin, Rahmenbedingungen zu schaffen.
Im Kanton Bern habe ich vor mehr als zehn Jahren ein Schwergewicht im Bereich Menschenhandel gelegt – das ist für mich eine moderne Form der Sklaverei. Die Ergebnisse liessen nicht lange auf sich warten. Ich habe also durchaus auf der Stufe Polizei Erfahrung in der Strafverfolgung. Und zum anderen muss man sich bewusst sein: Der Bundesanwalt wird nicht der erste Sachbearbeiter sein. Meine Aufgabe sehe ich darin, Rahmenbedingungen zu schaffen, dass die Staatsanwälte des Bundes ihrer Aufgabe nachkommen können.
Das Gespräch führte Urs Leuthard.