Im Bündnerischen Tartar bei Cazis stehen zwei unscheinbare Häuser, die aus Hanfkalk gebaut wurden. In Handarbeit und von der Besitzerin persönlich.
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Bild 1 von 3. Die beiden kleinen Häuser gehören zu den ersten Gebäuden in der Schweiz, die mit dem ökologischen Baustoff Hanfkalk gebaut wurden. Die Klimabilanz ist insgesamt CO2-negativ. Bildquelle: SRF.
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Bild 2 von 3. Das vordere Haus hat May-Britt Meisser für sich selbst gebaut, das kleinere Haus im Hintergrund wird jemand anderes beziehen. Beide bestehen fast ausschliessllich aus natürlichen Baustoffen. Bildquelle: SRF.
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Bild 3 von 3. Die beiden Häuser fügen sich sehr gut in die übrige Siedlung am Heinzenberg mit 200 Einwohnern ein. Bildquelle: SRF.
May-Britt Meisser, Hausbesitzerin und Handwerkerin, glaubt an Hanf als Baustoff und möchte ihn zusammen mit ihren Kollegen der neu gegründeten IG Hanfkalk auf dem Bau verbreiten.
Es fördert ein gesundes Wohnklima, isoliert sehr gut und ist vollständig biologisch abbaubar.
Zerkleinerte Pflanzenstücke mit Naturkalk als Bindemittel und Wasser ergeben das Baumaterial. Wenn das Gemisch trocknet, wird es zu hartem Stein. «Es fördert ein gesundes Wohnklima, isoliert sehr gut und ist vollständig biologisch abbaubar», erklärt Alexandre Akchoti, Schweizer Anbieter des Baustoffs.
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Bild 1 von 6. Meisser zeigt die Struktur des Hanfkalks, die durch das Stampfen des Gemischs entsteht. Dazu verwendete die Handwerkerin das Stampfbrett in ihrer linken Hand. Bildquelle: SRF.
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Bild 2 von 6. Hanfkalk lässt sich vielfältig verarbeiten: Als Ziegel, vorgefertigte Wand oder wie hier frisch auf der Baustelle gemischt. Dazu werden die Hanfschäben, der holzige Teil des Hanfstängels, mit Naturkalk und Wasser gemischt. Bildquelle: malhandwerk.ch.
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Bild 3 von 6. Das Gemisch hat eine Konsistenz, die eher an Kuhmist als an Beton erinnert. Meisser fertigte eine Holzschalung an und füllte diese jeweils mit einer 15 cm dicken Schicht Hanfkalk. Dann wird gestampft. Danach kommt die nächste Schicht. Bildquelle: malhandwerk.ch.
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Bild 4 von 6. Da Hanfkalk in dieser Form keine tragende Substanz ist, wurde vorher eine Holzkonstruktion gebaut. Es gibt aber bereits Hanfkalkprodukte, die auch tragend sind. Bildquelle: malhandwerk.ch.
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Bild 5 von 6. Wenn das Hanfkalkgemisch trocknet, wird es zu hartem Stein. Der Vorteil: Hanfkalk ist Mauer und Isolation in einem. Zudem ist das Material ein hervorragender Feuchtigkeitsregulator. Bildquelle: malhandwerk.ch.
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Bild 6 von 6. So sieht die fertige Wand aus der Nähe aus. Die Hanfschäben sind gut zu erkennen. Wenn das Haus eines Tages abgerissen wird, kann die Hanfkalkwand problemlos recycelt werden. Bildquelle: SRF.
Der Hanfanbau ist auch eine grosse Chance für die Schweizer Bauern. Denn Hanf braucht weniger Wasser, Dünger und Pestizide als andere Kulturen und wächst überall.
Er ist gut für den Boden, gut für die Wurzeln.
Im März konnte auf dem Feld von Landwirt Daniel Wespi geerntet werden. Wespi ist überzeugt von den Vorteilen des Hanfs: «Er ist gut für den Boden, gut für die Wurzeln. Er ist eine Winterfrucht, die im Frühjahr geerntet werden kann und einen zusätzlichen Ertrag bringt.»
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Bild 1 von 5. Dies ist das Hanffeld von Landwirt Daniel Wespi in Ossingen bei Winterthur. Wespi hat sich für einen Versuchsanbau entschieden, um zu testen, ob der Anbau von Nutzhanf für ihn in Frage kommt. Bildquelle: SRF.
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Bild 2 von 5. Der Anbau von Nutzhanf bietet den Landwirten viele Vorteile. Hanf wächst praktisch überall, auch im Gebirge. Er benötigt kaum Wasser, Dünger oder Pestizide und verbessert die Bodenqualität. Zudem wächst Hanf auch im Winter und kann im Frühjahr geerntet werden: ein zusätzliches Einkommen für die Bauern. Bildquelle: SRF.
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Bild 3 von 5. Für den Versuchsanbau in Ossingen hat Tüftler Martin Klöti (ganz in schwarz) eine über 100 Jahre alte Erntemaschine angeschafft. Damals war der Hanfanbau noch weit verbreitet. Bildquelle: SRF.
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Bild 4 von 5. Klöti will den Hanfanbau für Schweizer Bauern wieder rentabel machen und experimentiert mit verschiedenen Maschinen zur Hanfverarbeitung. Das Ziel: Die Bauern sollen die ersten Schritte der Hanfverarbeitung selber machen können. Dabei orientiert er sich an traditionellen Methoden. Bildquelle: SRF.
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Bild 5 von 5. Alle Teile der Pflanze können verwendet werden. Im oberen Teil der Pflanze befinden sich die Hanfsamen, aus denen Lebensmittel wie Nüsse, Pulver oder Öl hergestellt werden können. Der restliche Stängel wird auf dem Feld getrocknet. Aus ihm können Fasern für Textilien und Dämmstoffe sowie Schäben für die Herstellung von Hanfkalk gewonnen werden. Bildquelle: SRF.
Indem Landwirte befähigt werden, den ersten Produktionsschritt zum Baustoff selbst durchzuführen, soll der Hanfanbau für sie rentabler werden.
Die Landwirte verkaufen dann nicht mehr nur Stroh ab Acker, sondern Halbfabrikate zu besseren und stolzeren Preisen.
«Die Landwirte verkaufen dann nicht mehr nur Stroh ab Acker, sondern Halbfabrikate zu besseren und stolzeren Preisen», erklärt Martin Klöti von Glärnisch Textilien. Deshalb tüftelt er an Maschinen für die Verarbeitung von Nutzhanf.
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Bild 1 von 5. Das ist die Werkstatt von Martin Klöti. Hier versucht er, Maschinen zu entwickeln, die die Bauern selbst auf ihren Höfen einsetzen können. Dieser Apparat war ein Versuch, alle Wertschöpfungsstufen in einer Maschine zu vereinen. Doch Klöti musste feststellen, dass der Hanf so stark ist, dass man ihn mit industriellen Methoden kaum bezwingen kann. Bildquelle: SRF.
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Bild 2 von 5. Deshalb hat sich Klöti von der industriellen Denkweise gelöst und sich an traditionellen Methoden orientiert. Die abgebildete Maschine dient zum Brechen der Hanfstängel. Klöti lässt den Hanf mehrmals durchlaufen. Bildquelle: SRF.
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Bild 3 von 5. Nachdem der Hanf gebrochen wurde, sieht er so aus. Man sieht deutlich, wie sich die Hanfstengel in Fasern und Schäben aufteilen. Diese beiden Halbfabrikate werden in einem weiteren Schritt voneinander getrennt. Bildquelle: SRF.
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Bild 4 von 5. Mit einem solchen Sieb trennt man traditionell die Fasern von den Schäben der gebrochenen Hanfstängel. Die Fasern bleiben im Sieb hängen, die Schäben fallen zu Boden. Auch für diesen Verarbeitungsschritt tüftelt Martin Klöti an einer Maschine, die sich an der traditionellen Methode orientiert. Bildquelle: SRF.
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Bild 5 von 5. So sehen Hanfschäben aus, wenn sie vollständig von den Fasern getrennt sind. Dieses Halbfabrikat sollen die Bauern auf ihren Höfen selbst herstellen können, sagt Klöti. Die Schäben können dann mit Kalk und Wasser zu Hanfkalk vermischt werden. Bildquelle: SRF.
Vor allem in den Bergen sehen Experten wie ETH-Professor Tobias Luthe grosses Potenzial für den Hanfanbau.
Wenn wir mehr Nutzhanf im Berggebiet anbauen, können wir die Bergwirtschaft diversifizieren und widerstandsfähiger machen.
«Wenn wir mehr Nutzhanf im Berggebiet anbauen, können wir die Bergwirtschaft diversifizieren und widerstandsfähiger machen», erklärt Luthe. Berggebiete seien so weniger abhängig von einzelnen Sektoren wie dem Tourismus.
Luthe schätzt, dass die Umnutzung von Berggebieten für den Hanfanbau rund ein Zehntel des Schweizer Baustoffmarktes mit einem Umsatzpotenzial von bis zu 100 Millionen Franken pro Jahr versorgen könnte. Ausserdem könne man der Atmosphäre viel Kohlendioxid entziehen und in Form von Baustoffen dauerhaft speichern.
Als Nahrungsmittel hat der Hanf bereits den Weg in die Verkaufsregale gefunden. Carlo Weber verarbeitet im Bündnerischen Zizers Hanfsamen zu Lebensmitteln.
Er sagt, was bei ihm von der Pflanze übrig bleibt, könne gut für Hanfbeton verwendet werden. So könnte jeder Teil der Pflanze verwendet werden. Seine Pflanzenreste übergebe er der Firma Glärnisch Textilien in Glarus.
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Bild 1 von 3. Hanfnüsse sind eine ausgezeichnete Quelle für Eiweiss, Ballaststoffe, gesunde Fette, Vitamine und Mineralstoffe wie Eisen, Magnesium und Vitamin E. Eine Portion Hanfnüsse kann bis zu 15 Gramm Eiweiss enthalten und ist damit eine ausgezeichnete pflanzliche Eiweissquelle. Bildquelle: SRF.
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Bild 2 von 3. Sie können vielseitig in der Küche verwendet werden, beispielsweise als Zutat in Müslis, Smoothies, Salaten oder als Topping für Joghurt. Sie können auch geröstet und gesalzen als Snack oder zur Herstellung von Hanfmilch oder Hanföl verwendet werden. Bildquelle: SRF.
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Bild 3 von 3. Die Firma Alpenpionier verarbeitet Hanfnüsse aus Schweizer Produktion und bietet ihre Produkte sowohl online als auch im Schweizer Lebensmittelhandel an. Bildquelle: SRF.
Auch in Tartar ist man sich des Potenzials des nachhaltigen Baustoffs bewusst. May-Britt Meisser betont, wie wichtig Information und Aufklärung über Hanfkalk sind: «Wir haben die Leute auf die Baustelle eingeladen, um mitzumachen. Wir haben Führungen gemacht. Wir waren immer offen für alle Interessierten.»
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Bild 1 von 2. So sieht der Rohbau von May-Britt Meisser von innen aus. Bei Hanfkalk trifft Tradition auf Moderne. Bildquelle: SRF.
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Bild 2 von 2. Auch die Decke besteht aus natürlichen Baustoffen wie Hanf, Holz und Lehm. Insgesamt entsteht so ein angenehmes Wohnklima mit natürlichem Duft und guter Akustik. Bildquelle: SRF.
Der Hanfanbau in der Schweiz hat das Potenzial, nicht nur für die Landwirtschaft, sondern auch für die Umwelt und die Bauwirtschaft von Nutzen zu sein.
Es bleibt jedoch noch viel zu tun, um Hanf als nachhaltige und vielseitige Ressource bekannt zu machen und seinen Anbau und seine Verwendung zu fördern.