Es sind eindrückliche Zahlen, die Hannes Strasser, leitender Arzt am Suchtambulatorium in Basel, an einem Vortrag vor Fachleuten in Basel präsentiert. Fentanyl, ein extrem starkes Schmerzmittel, hat in den USA zu einer Drogen-Epidemie geführt. Süchtige sterben mitten auf der Strasse. «112'000 Menschen in den USA sind letztes Jahr verstorben an einer Überdosis dieser Substanzen», sagt Strasser.
Mitverantwortlich für die vielen Opfer: Die Substanzen sind schwer zu dosieren – schon zwei Milligramm Fentanyl können tödlich sein. «In Europa haben wir leider auch schon einige Todesfälle zu verzeichnen. In der Schweiz haben wir noch keinen Fall, der uns bekannt ist, was nicht heisst, dass es nicht schon vorgekommen ist.»
Experten wie Strasser befürchten, dass Fentanyl auch in der Schweiz zu einem Problem kommen könnte. In Basel bereiten sich Fachleute und Behörden deshalb intensiv auf diese mögliche Bedrohung vor. Unter anderem wird das Drogen-Monitoring verstärkt, also die Überwachung, welche Drogen auf der Gasse gehandelt und konsumiert werden.
Institutionen wie Spitäler, Polizei und Gassenzimmer müssen mögliche Fentanyl-Fälle melden, so wie dies in Zürich bereits der Fall ist. «Wir haben Massnahmen zur Früherkennung, Sensibilisierung der Fachpersonen und Konsumierenden sowie zur Schadensminderung definiert», erklärt Regine Steinauer, Leiterin Abteilung Sucht beim Kanton Basel-Stadt.
50- bis 100-mal stärker als Heroin
Auch die Labore in Basel werden aufgerüstet, um neue Testverfahren zu entwickeln. Damit man die Stoffe, welche in Gassenzimmern auftauchen oder von der Polizei beschlagnahmt werden, analysieren kann. Das Problem bei den diesen Testverfahren: Stoffe wie Fentanyl sind hochpotent – 50- bis 100-mal stärker als Heroin.
«Man muss extrem kleine Konzentrationen nachweisen», sagt Götz Schlotterbeck, Abteilungsleiter am Institut für Rechtsmedizin in Basel. Um diese Tests durchzuführen, mussten Vergleichsproben her. Auch dies ist kein einfaches Unterfangen. Denn nur wenige Schweizer Labors sind entsprechend ausgerüstet.
«Wir mussten uns das Vergleichsmaterial für die Testverfahren mühsam in den USA beschaffen», erklärt Schlotterbeck. Oder anders gesagt: Man musste einen Weg finden, um die Droge offiziell in den USA zu kaufen und in die Schweiz zu bringen. «Es hat über Monate gedauert, bis dann die ganzen Formalitäten erledigt waren: Zoll, Ausfuhr, Einfuhr, bis wir dann endlich diese Substanzen hier verfügbar hatten», so Götz.
Nun ist das Basler Labor im Besitz einer Kleinstmenge: 400 Mikrogramm konnten als Referenzmaterial beschafft werden. Entsprechend können in den nächsten Wochen die Messinstrumente angepasst werden.
Wir erwarten keine solchen Situationen wie in den USA, aber wir müssen vorbereitet sein.
Wie oft diese Instrumente tatsächlich zum Einsatz kommen, ist offen. Denn es ist derzeit unklar, wie stark Fentanyl die Schweiz tatsächlich betreffen wird. «Wir erwarten keine solchen Situationen wie in den USA, aber wir müssen vorbereitet sein», sagt Suchtexpertin Steinauer.
Hannes Strasser ergänzt: «Im besten Fall kommt es so sanft, dass wir nicht viel mitbekommen. Aber leider glaube ich, dass wir auch in der Schweiz Todesfälle sehen werden.»