411 Meldungen wegen kinderpornografischen Inhalten im Internet gingen im vergangenen Jahr bei der Meldestelle «Clickandstop.ch» ein. Führt man sich vor Augen, dass das mehr als eine Meldung pro Tag bedeutet, ist es viel. Wenn man aber weiss, wie viele Meldungen aus dem Ausland in die Schweiz gemacht werden, ist es wenig.
«Für ‹Clickandstop.ch› ist es ein guter Anfang, aber ich bin überzeugt davon, dass es mehr Meldungen geben muss, weil sicher mehr Material vorhanden ist», sagt Yvonne Feri, Stiftungsratspräsidentin von Kinderschutz Schweiz.
Der Konsum und die Verbreitung von pädokriminellen Inhalten im Internet nimmt weltweit seit Jahren zu. Die Pandemie hat diese Dynamik nochmals deutlich verstärkt. In der Schweiz zeige sich die Zunahme weniger deutlich als in anderen europäischen Ländern. Das heisse aber nicht, dass es tatsächlich weniger Delikte gebe, sondern, dass diese nicht ans Licht kämen, so Kinderschutz Schweiz.
Verdachtsmeldungen nehmen auch in der Schweiz zu
Hinweise darauf geben die Meldungen amerikanischer Internetprovider. Diese sind gesetzlich verpflichtet, Darstellungen von strafbaren Handlungen mit Kindern an das National Center for Missing and Exploited Children (NCMEC) zu melden.
Das NCMEC schickt Verdachtsmeldungen auch in die Schweiz. 2022 hat das Fedpol über 12'700 Verdachtsmeldungen von NCMEC erhalten. Ein deutlicher Anstieg im Vergleich zu Vorjahren. Es gibt also deutlich häufiger Meldungen aus dem Ausland als aus der Schweiz selbst.
Für die verdachtsunabhängige verdeckte Ermittlung gegen Pädokriminalität im Netz sind seit 2021 die Kantone zuständig. Kinderschutz Schweiz möchte, dass in diesem Bereich die Bundespolizei einen Handlungsspielraum hätte. Die Bemühungen der Kantone würden sehr begrüsst, die Stiftung fordert eine Erhöhung der Ressourcen für die Arbeit der Kantonspolizeien. Haben die Kantone also ungenügende Kapazitäten für die Ermittlung von Kinderpornografie im Internet?
Es gibt viele Anfragen unter den Kantonen, man tauscht sich aus und koordiniert diese Einsätze.
Zuständig ist das Netzwerk Ermittlungsunterstützung digitale Kriminalitätsbekämpfung (Nedik) der Konferenz der kantonalen Polizeikommandanten. Nedik-Leiter Serdar Günal Rütsche sagt, die Kantone hätten im Bereich der Ermittlungen im Internet begrenzte Ressourcen. «Das heisst aber noch lange nicht, dass man sich nicht aushilft, wenn in den Kantonen die Ressourcen knapp sind. Es gibt viele Anfragen unter den Kantonen, man tauscht sich aus und koordiniert diese Einsätze.»
Schweiz hat keine Meldepflicht für Internetprovider
Für eine bessere Bekämpfung von kinderpornografischem Material im Internet sei man vor allem darauf angewiesen, dass Internetdienstleistungsanbieter problematische Inhalte auf ihren Plattformen melden. Eine Meldepflicht für Internetprovider, wie sie die USA haben und die EU aktuell diskutiert, gibt es hierzulande allerdings nicht.
Die Schweiz mache zu wenig im Kampf gegen Pädokriminalität im Netz, kritisiert Yvonne Feri: «Man kann nie genug machen in diesem Bereich». Politische Vorstösse, die eine nationale Strategie zur Bekämpfung der Cyber-Pädokriminalität verlangen, sind in der Pipeline.
Neben einer Gesamtstrategie braucht es vor allem genügend Ressourcen für die Fahndung und ein funktionierendes Meldewesen, damit Missbräuche ans Licht kommen und nicht im Internet konserviert bleiben.