Der Zivildienst, das ist der zivile Ersatzdienst für Militärdienstpflichtige, die wegen der Waffe und der Armee einen Gewissenskonflikt haben. Er wurde geschaffen in den reformfreudigen 90er-Jahren. Der Feind im Osten war weg. Innenpolitisch hat das für Entspannung gesorgt.
Wer sich als Pazifist bezeichnete, war kein Spinner mehr – der blaue Weg, der Gang zum Psychiater, war nicht mehr nötig. Doch diese Zeiten scheinen vorüber zu sein. Die Armee warnt: Ihre Bestände seien bedroht – und zeigt auf den Zivildienst. Zu viele würden in den Zivildienst wechseln.
Zustimmung vonseiten SVP, Kritik aus SP-Lager
Politisch findet das bei den Bürgerlichen Gehör, so bei SVP-Nationalrat Thomas Hurter. «Pro Jahrgang verlieren wir 6000 diensttaugliche junge Männer in den Zivildienst.» Faktisch habe man eine Wahlfreiheit zwischen Zivildienst und Armee. «Das kann es nicht sein», findet er.
6000 Personen pro Jahr, die anstatt Militär- den Zivildienst wählen. Sie sind bereit, eineinhalbmal mehr Diensttage zu leisten. Das ist der sogenannte Tatbeweis. Damit zeigen sie, dass sie einen Gewissenskonflikt haben.
Der Zivildienst sei keine Bedrohung für die Armee, sagt Priska Seiler Graf, SP-Nationalrätin und Co-Präsidentin von Civiva, der Interessensgruppe hinter dem Zivildienst. «Der gesetzlich festgeschriebene Effektivbestand der Armee ist 140'000 Armeeangehörige – und wir sind darüber.» Ein zu hoher Effektivbestand sei ein illegaler Zustand, kritisiert sie.
Zulassung zum Zivildienst erschweren
Trotzdem soll nach Plänen des Bundesrats die Attraktivität des Zivildienstes in zwei Schritten gesenkt werden. Der erste Schritt sieht eine Mindestanzahl von 150 Zivildiensttagen vor. Wer vor der Rekrutenschule in den Zivildienst wechselt, ist davon nicht betroffen. Er muss sowieso 368 Tage leisten. Wer aber nach der RS und ein paar WKs wechselt, der macht das eineinhalbfache für den Tatbeweis. Im Extremfall, wenn nur noch ein Diensttag übrig bleibt, muss er das 150-fache leisten.
Eine Schikane, sagt Seiler Graf: «Das entspricht nicht dem Gleichbehandlungsgebot, das auch verfassungsmässig festgeschrieben wird.»
Thomas Hurter hingegen sagt: «Faktisch verlieren wir zu viele Leute, vor allem nach der RS und vor Beförderungsdiensten, weil sie sagen, sie haben genug vom Militärdienst.» Weitere Massnahmen zielen auf Ärzte und Tierärzte, Unteroffiziere und Offiziere, damit diese es sich zweimal überlegen, in den Zivildienst zu wechseln.
Der übernächste Schritt stellt den Zivildienst in seiner heutigen Form infrage. Der Bundesrat hat im Januar beschlossen, eine sogenannte Sicherheitsdienstpflicht genauer zu prüfen. Der Zivildienst und der Zivilschutz würden zusammengelegt in einem Katastrophenschutz.
Thomas Hurter findet, der Zivildienst sei für Krisen schlecht aufgestellt: «Deshalb ist diese Verschmelzung richtig, damit die Zivilschutzorganisation die Zivildienstleistenden übernehmen kann.» Für Priska Seiler Graf wäre der Zivildienst so in seiner Existenz bedroht: «Das wäre eine faktische Abschaffung des Zivildienstes.» Der Zivildienst habe einen grossen Mehrwert für die Gesellschaft.
Dem zivilen Ersatzdienst zum Militärdienst weht in den nächsten Jahren ein rauer Wind entgegen. Gar die Abschaffung in seiner heutigen Form ist politisch möglich geworden.