Zum Inhalt springen
Audio
Überraschende Personalrochade bei der SVP
Aus Echo der Zeit vom 19.01.2024. Bild: KEYSTONE/Anthony Anex
abspielen. Laufzeit 5 Minuten 16 Sekunden.

Personelle Runderneuerung Neuer Präsident, neuer Generalsekretär: Die SVP ist im Umbruch

Im März bekommt die SVP einen neuen Präsidenten. Diese Woche teilte die Partei eine weitere gewichtige Rochade mit: Henrique Schneider wird neuer Generalsekretär.

Henrique Schneider, da war doch was? Genau: Eigentlich hätte er letzten Sommer Direktor des einflussreichen Schweizerischen Gewerbeverbands werden sollen – der Vorstand hatte ihn bereits gewählt. Doch dann zog der Verband in letzter Sekunde die Notbremse. Die «NZZ am Sonntag» hatte ans Licht gebracht, dass Schneider in seiner akademischen Laufbahn plagiiert haben soll.

Albisgüetli-Tagung der Zürcher SVP

Box aufklappen Box zuklappen
Legende: Pierre-Yves Maillard (links) und Christoph Blocher (rechts) im Zwiegespräch an der Albisgüetli-Tagung 2024. KEYSTONE/Ennio Leanza

Die Zürcher SVP hat am Freitagabend zu ihrer traditionellen Albisgüetli-Tagung eingeladen. Hauptredner ist wie immer alt Bundesrat Christoph Blocher. Die Gegenrede hält in diesem Jahr Pierre-Yves Maillard, Waadtländer SP-Ständerat und Präsident des Gewerkschaftsbundes.

Die Zürcher SVP lädt eigentlich immer die amtierende Bundespräsidentin oder den amtierenden Bundespräsidenten für die Gegenrede ein. Allerdings sind diese längst nicht immer gewillt, im Zürcher Schützenhaus aufzutreten – oder sie haben keine Zeit.

Die amtierende Bundespräsidentin Viola Amherd (Mitte) gab der SVP in diesem Jahr aus terminlichen Gründen einen Korb. Einspringen wird nun der höchste Gewerkschafter, Pierre-Yves Maillard. Rund 1000 SVP-Mitglieder und zahlreiche Gäste nehmen teil – der Anlass ist ausverkauft.

Der Gewerbeverband gab eine Untersuchung in Auftrag, welche viele der Vorwürfe bestätigte – und liess Schneider daraufhin fallen. Nun ist Schneider plötzlich wieder da – und zwar als Generalsekretär der grössten Partei der Schweiz.

Wir suchen den bestmöglichen Generalsekretär für die SVP. Wir sind überzeugt, dass wir diese Person mit Henrique Schneider gefunden haben.
Autor: Thomas Aeschi Fraktionschef der SVP und Nationalrat (ZG)

Die Vorgeschichte von Herrn Schneider? Für die SVP kein Problem: «Er hat sich klar gegen eine EU-Anbindung ausgesprochen und sich klar gegen das Stromfressergesetz positioniert», sagt SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi. «Für zahlreiche Mitglieder im Gewerbeverband war er mit diesen Positionen etwas zu SVP-nah.»

Henrique Schneide
Legende: Auch wenn die SVP Henrique Schneider bereits als Generalsekretär vorgestellt hat, offiziell gewählt ist er noch nicht. Dies sollte am 26. Januar durch den Parteivorstand vollzogen werden. Dass Schneider bis dahin noch fallen gelassen wird, ist dieses Mal aber unwahrscheinlich. SRF

Tatsächlich interpretierten viele Beobachter den Streit um Schneider auch als Richtungskampf. Dahingehend, wie viel Einfluss die SVP im Gewerbeverband künftig haben soll. Hat sich die SVP daher nun erbarmt und Schneider mit dem Jobangebot als Generalsekretär quasi ein Auffangbecken angeboten?

«Ganz im Gegenteil», sagt Aeschi. «Wir suchen den bestmöglichen Generalsekretär für die SVP. Wir sind überzeugt, dass wir diese Person mit Henrique Schneider gefunden haben.» Dieser sei bestens qualifiziert und liege mit seiner Positionierung auf Linie der Partei. Aeschi zeigt sich überzeugt, dass Schneider die Aufgaben des Generalsekretärs «zur besten Zufriedenheit» der Partei erfüllen werde.

Politik ist keine Wissenschaft

Und die Vorwürfe des Plagiierens? Die SVP suche keinen Uni-Professor, sagt Aeschi, sondern einen politischen Kopf – und in der Politik gelten nun mal andere Regeln als in der Wissenschaft. «Wir Politiker plagiieren uns selbst sehr häufig: Wir wiederholen immer wieder die gleichen Argumente zu gewissen politischen Themen.»

Marcel Dettling am Rednerpult
Legende: Auch an der Parteispitze gibt es bald ein neues Gesicht: Aller Voraussicht nach wird Marcel Dettling das Amt des SVP-Präsidenten übernehmen – er ist Nationalrat und Bergbauer aus dem Kanton Schwyz. Keystone/Gian Ehrenzeller

Schneider selbst hat auf Anfragen von SRF News nicht reagiert. Dafür aber Nicolo Paganini. Er ist Nationalrat der Mitte und Mitglied der Gewerbekammer des Schweizerischen Gewerbeverbandes. Paganini hatte sich letzten Sommer gegen Schneider als neuen Gewerbedirektor ausgesprochen – wegen der gegen ihn erhobenen Vorwürfe.

Dazu, dass Schneider jetzt Generalsekretär des SVP wird, sagt Paganini: «Der Generalsekretär ist nicht der Parteipräsident und damit das Gesicht der Partei». Beim Gewerbeverband wäre Schneider dies durchaus gewesen, so der Mitte-Mann. «Die SVP wird sich gut überlegt haben, ob sie das machen soll oder nicht.»

Ein akribischer Arbeiter

Paganini betont, dass er Schneider beim Gewerbeverband als akribischen Arbeiter erlebt habe: «Wenn man ein Dossier von ihm bekommt oder eine Stellungnahme von ihm liest, hat das Hand und Fuss und ist durchdacht.» Natürlich widerspiegelten diese Schriften auch Schneiders Weltbild. «Sie sind aber mit viel Arbeit unterlegt.»

Peter Keller rückt ins zweite Glied

Box aufklappen Box zuklappen
Legende: Peter Keller (links) im letzten Sommer mit SVP-Präsident Marco Chiesa. Keystone/Urs Flüeler

Der bisherige SVP-Generalsekretär bleibt der Partei erhalten: Peter Keller wird künftig Schneiders Stellvertreter. Für ihn sei dies keine Degradierung, sagt Keller: «Das Generalsekretariat wurde auch auf meinen Wunsch hin neu aufgestellt.» Er möchte sich nämlich künftig wieder mehr um inhaltliche statt um organisatorische Fragen kümmern.

Und welchen Einfluss könnte Schneider auf den Kurs der SVP haben? Bei den Themen Migration und Europa hätten andere Köpfe in der SVP die Deutungshoheit, sagt Paganini. Aber: «In der Wirtschaftspolitik ist Herr Schneider häufig einen stramm ordoliberalen Kurs gefahren. Es könnte sein, dass er hier versuchen wird, Einfluss zu nehmen und es gewisse Korrekturen bei der Ausrichtung geben wird.»

Echo der Zeit, 19.01.2024, 18 Uhr

Jederzeit top informiert!
Erhalten Sie alle News-Highlights direkt per Browser-Push und bleiben Sie immer auf dem Laufenden.
Schliessen

Jederzeit top informiert!

Erhalten Sie alle News-Highlights direkt per Browser-Push und bleiben Sie immer auf dem Laufenden. Mehr

Push-Benachrichtigungen sind kurze Hinweise auf Ihrem Bildschirm mit den wichtigsten Nachrichten - unabhängig davon, ob srf.ch gerade geöffnet ist oder nicht. Klicken Sie auf einen der Hinweise, so gelangen Sie zum entsprechenden Artikel. Sie können diese Mitteilungen jederzeit wieder deaktivieren. Weniger

Sie haben diesen Hinweis zur Aktivierung von Browser-Push-Mitteilungen bereits mehrfach ausgeblendet. Wollen Sie diesen Hinweis permanent ausblenden oder in einigen Wochen nochmals daran erinnert werden?

Meistgelesene Artikel