Die anhaltende Trockenheit bestimmt die Schlagzeilen, die Wissenschaft ist sich einig: Künftige Sommer werden heisser und trockener. Wasser kann zeitweise zur Mangelware werden. Aktuell ist dies in der Schweiz an mehreren Orten der Fall.
Im Kanton Thurgau gilt seit vergangenem Freitag ein generelles Wasserentnahmeverbot. Um die austrocknenden Gewässer und die darin lebenden Fische zu schützen, ist es verboten, Wasser aus Bächen oder Flüssen zu entnehmen.
In anderen Kantonen gilt das Wasserentnahmeverbot nur für bestimmte Gewässer. In einzelnen Gemeinden im Jura, in Glarus oder im Tessin ist es verboten, den Garten zu wässern oder das Auto zu waschen. Doch was, wenn es wirklich einmal zu wenig Wasser für alle hat?
Sensoren ermöglichen Daten in Echtzeit
Im Kanton Thurgau hat man auf diese Frage eine Antwort gefunden. «Smart Water» heisst sie – ein Pilotprojekt der Regio Energie Amriswil, gemeinsam mit der Ostschweizer Fachhochschule OST, finanziell unterstützt vom Bund. Das Testprojekt sollte herausfinden, wie das Wasser bei einer Knappheit am besten verteilt werden kann. Transparenz ist das Ziel: Wer es gerade am nötigsten hat, soll Wasser bekommen.
Dass man für dieses Projekt die Region Amriswil ausgesucht hat, ist kein Zufall. Laut einer Studie des Kantons Thurgau ist sie von einer Wasserknappheit am meisten betroffen.
Das Programm zeigt uns, wo eine Bewässerung in den nächsten Tagen notwendig wird.
Konkret wurden für das Projekt «Smart Water» in der ganzen Region Sensoren installiert. Diese massen verschiedene Parameter wie etwa die Feuchtigkeit im Boden, den Luftdruck, die Sonneneinstrahlung oder die Temperaturen von Boden und Luft. Urban Kronenberg, vorsitzender Geschäftsleiter der Regio Energie Amriswil: «Wir haben die Sensoren bei Obstplantagen, beim Sportplatz oder bei öffentlichen Grünflächen verbaut.»
Ein Programm analysiert die Daten und berücksichtigt zusätzlich die Wetterprognosen. «Das Programm zeigt uns: Wo ist eine Bewässerung bereits notwendig – und wo wird sie es in den nächsten Tagen werden?», erklärt Kronenberg. Der Vorteil dieses Systems: Es liefert Daten in Echtzeit. So erfährt man, ob tatsächlich akute Wasserknappheit herrscht und wo rationiert werden muss.
Man sieht beispielsweise, dass ein Bauer dringend Wasser für seine Felder braucht, während der Sportplatz auch noch zwei Tage ohne Bewässerung auskommt.
Wer Wasser spart, könnte belohnt werden
Die Betroffenen, also jene, die viel Wasser brauchen, sollen dabei selbst nachschauen können, wie die Situation bei ihnen aussieht. Das sei ein weiterer Vorteil, so Kronenberg. Denn wie mühsam es ist, Wasser zu sparen, habe man beim letzten Hitzesommer vor vier Jahren gesehen: «Der Wasserwart musste damals persönlich von Landwirt zu Landwirt gehen und sagen: Du musst jetzt das Wasser abstellen.» Wird das Projekt «Smart Water» dereinst definitiv umgesetzt, ist dies nicht mehr nötig.
Das Projekt basiert auf Freiwilligkeit, es gibt für die Wasserverbraucher also keinen Zwang mitzumachen. Es sei aber denkbar, dass jene, die freiwillig mitmachten und somit auch Wasser sparten, belohnt würden, sagt Kronenberg. Etwa, indem sie weniger dafür zahlen müssen.
Die Testphase des «Smart Water»-Systems ist abgeschlossen. In einem nächsten Schritt wollen die Beteiligten Nägel mit Köpfen machen und schauen, wie und wann das System optimal eingesetzt werden kann. Angewendet werden kann es schlussendlich auch in anderen Regionen.